Jeder Mensch muss Dinge tun, die gut tun. Damit lädt man seine Reserven auf und gibt Körper, Geist und Seele was sie brauchen. Eine Liste dieser guten Dinge muss bei jedem Menschen anders ausfallen, denn die Vorlieben sind verschieden und diese Vielfalt macht unser Menschsein aus. Ich liebe es beispielsweise in den Circus zu gehen und erlebe dort ganz besondere Momente des Staunens und Glücks; Circus beseelt mich, aber natürlich besuche ich ihn nur selten, vielleicht alle zwei Jahre. Solcherlei Aktivitäten sind toll und jeder Mensch sollte solche (kostspieligen) Highlights im Jahr erleben dürfen. Hier geht es mir aber um etwas anderes, ich will es mal das Mikroglück nennen. Wir brauchen auch im banalen Alltag Aktivitäten, die uns zufrieden machen und kleine Glücksmomente bescheren. Interessanterweise kosten diese Aktivitäten in der Regel nichts oder nur ganz kleines Geld.
- Spazierengehen: Jeder kann das immer und überall tun. Fast überall ist ein Park, landwirtschaftliches Gebiet oder Wald in der Nähe und man kann dort eine Runde drehen. Ich habe im Alltag meine drei Lieblingsrunden: Eine dauert 45 Minuten, die nächste eine Stunde und 15 Minuten und die dritte dauert zwei Stunden. So kann ich immer schauen, was in meinen Tagesplan passt. Beim Spazierengehen tanke ich frische Luft, bewege mich, kann manchmal noch etwas Nützliches erledigen (Post einwerfen) und lasse Stress ab. Ohne Spaziergänge könnte ich nicht leben. Auch in Städten sind Spaziergänge möglich: Es macht Spaß, die eigene Stadt nach Vierteln getrennt systematisch zu durchstreifen und dabei immer neue Entdeckungen zu machen.
- Musik hören: Musikhören macht glücklich und mitsingen noch mehr. Ich höre Musik im Auto und, wenn ich allein im Haus bin, beim Kochen. Wenn ich mit Aretha Franklin zusammen singe, fällt der Alltagsmüll von meiner Seele.
- Tee trinken: Wenn sich zeigt, dass ich unerwartet ein freies halbes Stündchen habe, dann koche ich mir einen Tee und freue mich des Lebens.
- Yoga: Es gibt so gute Tutorials auf YouTube. Ich habe mein Lieblingsvideo schon vor Jahren gefunden und praktiziere dreimal pro Woche für eine halbe Stunde Hatha-Yoga. Ohne geht es nicht, sonst roste ich sofort ein.
- Lesen: In Deutschland gibt es überall öffentliche Bibliotheken, somit kann jeder Mensch kostenfrei an Bücher kommen. Weitere gute Quellen sind die öffentlichen Bücherschränke in vielen Gemeinden und Städten und die Bücherregale von Freund*innen und Nachbarn. Lesen macht schlau und entschleunigt. NICHTS auf der Welt kann Lesen ersetzen (egal ob Sachbücher oder Romane), es ist unsere wichtigste menschliche Kulturtechnik.
- Filme und Serien schauen: Zugegeben, ganz umsonst gibt es sie nicht, denn wir alle zahlen Rundfunkgebühren pro Jahr. Dafür bieten die öffentlich-rechtlichen Sender ein insgesamt ganz gutes Programm an. Dank der Mediatheken ist das Angebot nicht mehr an feste Zeiten gebunden. Wer sich mit Medienangeboten in Staaten ohne nennenswertes öffentlich-rechtliches Fernsehen beschäftigt, entwickelt einen wohlwollenden Blick auf unsere Sender.
- Schönheitsstunde: Haare und Nägel pflegen, Haut eincremen, Füße ansehnlich halten, all dies sind Dinge, die man sowieso regelmäßig tun muss. Dann kann man sie auch ein bisschen zelebrieren und als freundlichen Dienst an sich selbst betrachten.
- Wandern: Wanderlust ist inzwischen ein international gebräuchlicher Begriff für das, was ich mein Wanderglück nenne. Man nimmt sich eine schön lange Strecke vor, packt sich ein Picknick in den Rucksack, schnürt die Wanderschuhe und hat vielleicht noch eine nette Begleitung für gute Gespräche. Das Leben kann so einfach und so schön sein. Wandern macht die Seele frei und den Körper angenehm müde.
- Etwas Neues lernen: Für junge Menschen ist es normal, dass sie fast täglich etwas Neues lernen. Je älter man wird, desto resistenter werden viele Menschen gegen das Neue und lehnen dieses manchmal geradezu ab. Dabei tut es so gut etwas Neues zu lernen: eine Sprache, ein Instrument, eine neue Technik oder ein Handwerk.
- Ehrenamt: Sich ehrenamtlich zu engagieren, gehört zu unseren allermenschlichsten Eigenschaften. Etwas für andere zu tun, ohne dass es eine Gegenleistung gibt, macht uns zu einem sozialen Wesen, das seine Fähigkeit zur Kooperation beweist. Und bekanntlich führt Kooperation zu besseren Ergebnissen für alle als der Eigennutz (eine spieltheoretische Erkenntnis, möglicherweise aber nur Sozialwissenschaftler*innen bekannt). Dabei geht es natürlich nicht direkt um monetäre Erträge, sondern im Ehrenamt bekommt man auf anderem Wege so viel zurück: Selbstwirksamkeit, Selbstbewusstsein, Freude, Befriedigung, Kompetenzförderung, soziale Netzwerke und vieles mehr! Es gibt in jedem Leben Jahre, wo für ein Ehrenamt schlicht keine Zeit bleibt, aber es bleiben immer noch 40 Jahre übrig!
- Mit Freund*innen sprechen: Freund*innen sind die sozialen Beziehungen, die für die meisten Menschen direkt nach der eigenen Familie kommen. Allerdings ist es in einem vollen Alltag oft gar nicht so leicht, diese geschätzten Menschen zu treffen und Zeit mit Ihnen zu verbringen. Man sollte das immer wieder einüben und bewusst Zeit mit Freund*innen schaffen.
- Kochen und Backen: Ich habe es hier schon so oft geschrieben: Küchenarbeit macht glücklich, schont das Portemonnaie, dient der Gesundheit und der Ökologie. Und wer es nicht kann: Lernen! Ist nicht so schwer, versprochen.
- Essen sammeln: Eine meiner größten Glücksquellen. Im Frühling sammele ich Wildkräuter, im Sommer Heidelbeeren, Walderdbeeren, Brombeeren und im Herbst Nüsse, Pilze und Schlehen. Essen sammeln verbindet uns Kulturwesen mit der Natur.
- Wer gerne malt oder dies als Kind geliebt hat: Ein wunderbarer Anlass zum Malen ist das Erstellen von Glückwunschkarten. Rohlinge zu bemalen ist kreativ, meditativ und spart Geld.
- TedX-Talks anhören: Sehr oft gibt es wirklich gute Vorträge und man lernt auf einfachem Wege etwas Neues. YouTube macht es möglich.
- MOOCs absolvieren: Viele Universitäten weltweit bieten diese „Massive Open Online Courses“ an, dort lässt sich viel Neues lernen. Man kann sich an anspruchsvolle Themen heranwagen und wird von akademischen Expert*innen angeleitet.
- Dankbarkeitsliste oder -tagebuch schreiben: Wer dazu neigt, das Glas stets als halbleer wahrzunehmen, kann in regelmäßigen Abständen alles aufschreiben, wofür man dankbar ist. Das ermöglicht einen Perspektivwechsel.
- Ausflüge planen: Vorfreunde ist bekanntlich die schönste Freude und an einem verregneten Sonntag ist es immer eine gute Idee, Ausflüge für die nächste Zeit zu planen: Freund*innen kontaktieren, Zeiten verabreden, Öffnungszeiten und Wegbeschreibungen raussuchen und der nächste Museumsbesuch, Theaterbesuch, Wanderung oder Konzert kann kommen!
- Sterne anschauen: Viel zu selten nehmen wir uns die Zeit, an einem klaren Abend in den Sternenhimmel zu schauen. Wer von diesem Anblick nicht ergriffen wird, hat wohl ein echtes Problem.
- Spieleabend mit Freund*innen organisieren: Brettspiele sind eine prima Gelegenheit für einen lustigen Abend. Freund*innen einladen, Getränke und etwas Einfaches zum Essen hinstellen, schon kann es losgehen.
- Picknick veranstalten: Essen in der Natur macht eigentlich immer Spaß, trotz Mücken, Steinen unterm Hintern, Regenschauer und vergessenem Korkenzieher. Die Mühe lohnt sich, ein schönes Essen vorzubereiten, dieses (natürlich abfallfrei!) zu verpacken und mit lieben Menschen an einem wunderschönen Platz im Freien zu genießen.
- Schreiben: Für mich ein ganz besonderes Glück. Sicherlich gilt das nicht für alle Menschen.
- DIY: Wenn man auch nur halbwegs geschickte Hände hat, sollte man so oft wie möglich etwas selbst bauen, reparieren oder schneidern. Diesen Stolz erlebt man nur, wenn die eigenen Hände etwas geschaffen haben.
- Gärtnern: Auch für Menschen mit einem braunen Daumen ist Gartenarbeit die perfekte Möglichkeit, draußen in Bewegung zu kommen, am Ende des Arbeitsprozesses ein Ergebnis zu sehen und dabei häusliches Glück zu empfinden. Und wer jetzt einwendet, dass Gärtnern nicht kostenarm sei, weil man im Gartencenter jedes Jahr so viel Geld dalassen kann, der sollte es im Garten mal mit einer no buy-policy versuchen. Es geht, man muss wollen (Saatgut-Tauschbörsen, Nachbarschaftstausch, eigener Kompost, Dünger vom Bauernhof in der Nähe).
- Ernten und einkochen: Wer keine eigenen Obst- und Gemüsequellen hat, kann sich umschauen. Es gibt viele Gärten, in denen das Obst nicht geerntet wird. Ein nettes Anfragen kostet nichts. Viele Eigentümer*innen sind froh, wenn das Obst verwertet wird, weil sie sich dann nicht um den gammeligen Matsch unterm Baum kümmern müssen und erlauben es daher, dass man ihren Baum aberntet. Und natürlich ist es eine zwingend nette Geste, dass man ein Glas des Eingemachten vorbeibringt. Dann kann man auch im nächsten Jahr wiederkommen. Und es lohnt sich, nach herrenlosen Früchten auf den eigenen Spazierrouten Ausschau zu halten. Eine weitere Quelle ist mundraub.org.
- Mit Kindern spielen! Und mit Alten sprechen! Beides macht klüger.