Als junge Frau habe ich Restaurantbesuche geliebt und auch heute noch empfinde ich immer eine gewisse Aufregung, wenn ich mich niedersetze und von einem fremden Menschen bekochen lasse. Leider endet dies sehr häufig mit einer Enttäuschung. In Großstädten ist die Verfügbarkeit von guter Außer-Haus-Verpflegung eher gegeben, aber in unserer mittelgroßen Universitätsstadt (von meinem Dorf ganz zu schweigen) ist Auswärtsessen leider meist nur schlecht, mittelmäßig oder allenfalls okay. Am glücklichsten werde ich, wenn ich mittags die kleinen chinesischen oder koreanischen Miniimbisse rund um meinen Arbeitsplatz besuche. Damit meine ich keine Pampenudeln mit hartem Gemüse, sondern würzige Dumplings oder feine Nudelsuppen.
Ansonsten: Schnitzelirrsinn, Fertigsaucenekel, Pizza-Überdruss (kennen Sie schon die Pizza Döner-Hawaii?), 80er-Jahre Tellerdeko mit Salatblatt und hellrosa Tomatenviertel, Speisekarten mit 80 Gerichten „frisch für Sie zubereitet“ und seit einigen Jahre Sushi-Overkill. Von Kantinen, Mensen und Schulküchen ganz zu schweigen. Sicher wird es gute Kantinen geben, ich kenne aber leider keine (was natürlich nicht repräsentativ ist). Aber die Mensen, Schul- und Kitaverpflegungen, die ich meinem Leben kennenlernen durfte, waren und sind eine einzige Scheußlichkeit und Versündigung an der Gesundheit von Kindern und jungen Erwachsenen. Mein Lebenshighlight war der Besuch einer Unimensa, in der man mir eine verfaulte Kartoffel serviert hat. Diese war unter einer Masse aromenverstärkter Sauce versteckt, so dass ich sie nicht erschnuppern konnte. Als ich sie im Mund hatte, musste ich sie sofort ausspucken, der Geschmack war so wie Ausscheidungen riechen. Es war wirklich schlimm, die Kartoffel war ganz schwarz. Ich beschwere mich so ungern, aber damals habe ich mich überwunden. Der lapidare Kommentar der Mitarbeiterin war: „Ich habe dem Chef doch gleich gesagt, dass man das nicht mehr servieren kann.“ Das ist sicher nicht der Regelfall, tatsächlich habe ich den Eindruck, dass Frische nicht das größte Defizit der hiesigen Massenverpflegung ist. Vielmehr die unendliche Menge an Convenience-Produkten, der Zwang, jegliches Gericht mit einer minderwertigen Sauce zu übergießen und die schauerlichen Kombinationen.
Vielleicht können wir uns erst dann als zivilisiertes Land bezeichnen, wenn es uns gelingt, unseren Kindern und jungen Menschen in Kitas, Schulen und Hochschulen frisch gekochtes Essen aus frischen Zutaten anzubieten. Davon sind wir weit entfernt (Ausnahmen bestätigen bestimmt die Regel!).
- Die Karte muss klein sein! Nur eine kleine Karte ermöglicht es, mit frischer Ware zu arbeiten. Je größer die Karte, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass mit Fertigprodukten, Convenience-Produkten und Tiefkühl- oder Konservenware gearbeitet wird. Dabei ist es mir egal, ob es um fine dining geht oder um Imbissküche. Die Verwendung von frischen Produkten sollte für jeden Menschen in der Gastronomie die Minimalnorm sein. Tiefkühlprodukte frittieren kann jeder Idiot.
- Ich scanne die Karte immer im Hinblick auf die Gemüsesorten durch. Sind diese strikt saisonal, stehen die Chancen auf frisches Essen gut.
- Entdecke ich Saucenklassiker auf der Karte, bin ich misstrauisch. Eine Sauce Béarnaise klingt verführerisch, kommt aber meist leider doch aus dem Tetrapak. Ich frage grundsätzlich nach, ob die Sauce hausgemacht ist. In neun von zehn Fällen ist sie es nicht. Genauso ist es mit Tortellini, Ravioli, Maultaschen, Schupfnudeln, Klößen, Reibekuchen und vielen anderen Gerichten oder Elementen.
- Wenn ich verreise, halte ich Ausschau nach Gastronomien, die von Slow Food empfohlen werden. Erstens bin ich selbst aktives Mitglied, zweitens weil ich die Verlässlichkeit der Empfehlungen schätze. Es gibt einen Genussführer (Restaurantführer), der alle zwei Jahre neu erscheint und eine App.
- Gastronomien, die die (regionalen) Bezugsquellen ihrer Produkte nennen, haben bei mir einen Vertrauensbonus.
- Wenn ich skeptisch bin, ob im Lokal frisch gekocht wird, bestelle ich die einfachsten Gerichte, also Bratkartoffeln mit Spiegelei oder Pasta mit Tomatensauce.
- Gerade in Imbissen ist es großartig, wenn die Betreiber sich auf ein signature dish konzentrieren und allenfalls ein wenig Beiwerk bereithalten. Lieber frisch hausgemachte Burger, Currywurst oder chinesische Dumplings als die gesamte Palette von Imbissgerichten aus dem Tiefkühler.
- Gastronom*innen, die sich über das Wohlergehen ihrer Gäste wirklich Gedanken machen, sind häufig auch diejenigen, die auf Abfallreduzierung in ihrem Lokal Wert legen. Ich freue mich besonders, wenn es auf der Toilette kleine Gästehandtücher aus Stoff gibt (, die nach einmaligem Gebrauch in einen Korb kommen und gewaschen werden), wenn es Stoffservietten und auch sonst keine Einwegprodukte im Gastraum gibt. In diesen Lokalen wird hoffentlich auch abfallarm eingekauft.
- Ein gutes Lokal scheut sich nicht, seinen Gästen den kostenfreien Konsum von Leitungswasser zu ermöglichen. Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht und dieses sollte überall zu erhalten sein. Ich bin ein fairer Gast, ich bestelle immer auch noch ein weiteres Getränk (Wein, Bier oder Tee).
- Ich bin glücklich und komme bestimmt wieder, wenn Brot sehr gut und hausgemacht ist.
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