Weniger Müll, mehr Leben

Minimalismus

Wer nach dem Zero Waste-Prinzip leben möchte, wird fast zwangsläufig minimalistisch im Konsumverhalten. Kaufen war für mich keine Alltagsbeschäftigung und erst recht kein Hobby, aber in langen Zeiten meines Lebens eine vermeintliche oder, deutlich seltener, tatsächliche Bewältigungshilfe für Alltagsprobleme, für neue Anforderungen und Probleme. Als unsere erste Tochter zur Welt kam, haben wir einiges angeschafft, wenngleich schon damals vieles gebraucht und wir haben auch einiges nicht gekauft, was andere junge Eltern für unverzichtbar hielten. Aber durch den unermesslichen Strom an Geschenken und Mitbringseln ist die Anzahl an Dingen, die unsere Kinder besaßen oder die wir für die Versorgung unserer Kinder im Haus hatten, ins Unermessliche gestiegen. Wenn ich die Tage zusammenzähle, die ich an Wochenenden der vergangenen 25 Jahre mit Ausmisten und Aufräumen der Kinderzimmer verbracht habe, komme ich auf einige Wochen meines Lebens. Diese Rückschau macht mich traurig; ich hätte mit meinen Kindern schönere Dinge machen können als alten Kram auszumisten und viel Zeit dafür aufzuwenden, diesen zu sortieren, zu entsorgen oder zu verschenken. Dieser Kram hat unser Haus inzwischen weitgehend verlassen, aber ich wünsche mir heute noch, dass ich mich stärker gegen diese Flut gewehrt hätte. Ich bin der tiefen Überzeugung, dass Kinder nicht viele materielle Dinge benötigen, und es ist unsere Erwachsenenpflicht, ihnen einen sorgsamen Umgang mit Konsumartikeln und Ressourcen vorzuleben.

Ich höre oft den Einwand „aber ich mag schöne Dinge…“ als Begründung für den steten Konsumismus im Alltag. Schöne Dinge mag ich auch, aber ich muss sie nicht alle besitzen, wenn sie für mein Leben keinen praktischen Nutzen haben oder sie mir nicht täglich oder zumindest häufig Freude bereiten. Dabei geht es mir nicht darum, in einer kahlen oder ungemütlichen Wohnung zu sitzen. Da sind die Geschmäcker und Wohlfühlumgebungen sicher verschieden und es gibt einfach keine Patentrezepte, die für alle gelten. Darum geht es mir gar nicht, sondern darum, den Blick dafür zu schärfen, was ich wirklich brauche, was mich zufrieden macht und was praktisch ist. Und dazu muss man sich wiederum in die profanen Tiefen des eigenen Besitzstandes bewegen: Wie viele Hosen muss ich wirklich haben? Das wird jede*r für sich anders beantworten müssen. Einige kommen mit zwei Hosen aus, andere benötigen vielleicht acht, weil sie eine andere Praxis haben sich zu kleiden. Beim Minimalismus geht es nicht darum, dass acht Hosen zu viele sind. Wenn diese getragen werden, ist das prima. Es geht um die anderen Hosen im Schrank, die nicht getragen werden, aber aufbewahrt werden, weil man „sie ja noch mal brauchen könnte“ oder weil „sie so teuer waren“ und und und. Wer minimalistisch lebt, gibt diese Hosen weg; jemand anderes wird sie gerne tragen. Man selbst gewinnt Platz und das schlechte Konsumgewissen schweigt. Wenn dieses Prinzip auf alle Bereiche des persönlichen Haushalts angewendet wird, sind die Effekte immens. Wir haben dadurch sehr viel Platz gewonnen, es gibt keine vollgestopften Schränke. Wenn ich etwas herausnehmen möchte, komme ich sehr gut an die Dinge heran. Das Gefühl, dass unser Haus zu klein sei oder der Stauraum zu gering, hat sich in sein Gegenteil verkehrt: Unser Haus kommt mir zu groß vor und wir machen uns häufig Gedanken, wie wir leben möchten, wenn unser jüngstes Kind das Elternhaus verlässt.

Viele Gegenstände haben in den vergangenen Jahren unser Haus verlassen, die ich keinen Tag vermisst habe. Ich habe das Fischbesteck verkauft, das wir zur Hochzeit erhalten haben und die Obstmesserchen, die zu unserem Besteck passten. Wir haben sie nie benutzt! Die Unmengen an Kerzenhaltern, die ich alle geschenkt bekommen und als Asthmatikerin nie aufgestellt habe, haben unseren Haushalt verlassen. Vasen, Tischdecken, Spezialwerkzeug in der Küche, Zeitschriften, DVDs, Schmuck, kaum genutzte elektrische Küchenhelfer, alles verkauft und verschenkt. Nichts davon ist bisher vermisst worden und keiner fragt in unserem Haushalt je danach. Insgesamt habe ich damit einige Euros eingenommen, aber ehrlich gesagt macht mich das gar nicht froh. Ich bedauere, dass ich so viel Lebenszeit mit dem Erwerb, der Pflege, der Unterbringung, dem Aussortieren, Verkaufen und Verschenken dieser Dinge verbracht habe. Nun achte ich sehr darauf, dass unser deutlich geleertes Haus nicht wieder mit neuem Krempel gefüllt wird.

Aus meiner Sicht ist es zentral, dass Menschen, die ausmisten, nichts wegwerfen. Ich finde es ungehörig, noch funktionierende Dinge wegzuschmeißen. Alle Gegenstände um uns herum sind aus aufwändig gewonnenen Ressourcen erstellt, Menschen haben Arbeit und Energie aufgewendet, um diese herzustellen. Und in dem Moment, in dem ich dieses Teil gekauft habe, habe ich die Verantwortung dafür übernommen. Auch ein angenommenes Geschenk ist eine übernommene Verantwortung. Daher kann und möchte ich Dinge nicht wegwerfen, denn damit entwerte ich sie bzw. die darin steckenden Ressourcen und die menschliche Arbeit. Daher muss jedes Teil, das noch einen Nutzen oder ästhetischen Wert hat, einen neuen Menschen finden, der es wertschätzen kann. Das macht viel Arbeit und aus diesem Grund dauert es bereits einige Jahre, bis ich mein Haus ausgemistet habe. Ich denke aber, dieser aufwändige und geradezu schmerzhafte Abgabeprozess ist auch für mich erforderlich, denn er kuriert mich ein für allemal vom gedankenlosen Kaufen und Annehmen. Selbstverständlich gibt es auch vollkommen wertlose und überflüssige Dinge, mit denen niemand mehr etwas anfangen kann. Diese habe auch ich weggeworfen, aber nur mit dem Schwur versehen, diese künftig strikt abzuwehren und nicht mehr in mein Leben zu lassen.

Im Zuge dieser Aktivitäten habe ich viel über Konsum, Kaufen und Besitzen nachgedacht. Für Menschen, die wenig Einkommen und Vermögen haben, klingen meine Gedanken vielleicht wie Hohn. Mir ist bewusst, dass diese Fragen mehrheitlich Menschen beschäftigen, die ohnehin vergleichsweise viel besitzen und ein höheres Einkommen haben. Wer in einer sehr kleinen Wohnung lebt, kann mit meinen Gedanken aus der Überflusswelt nicht viel anfangen und ich maße mir nicht an, hier für Menschen zu schreiben, deren Alltag von Knappheit und nicht-befriedigten Grundbedürfnissen geprägt ist. Aber ich denke schon, dass es viele Menschen gibt, denen es geht, wie es mir lange ging: Wir haben bereits zu viel und denken, dass uns ein ‚noch mehr‘ endlich die ersehnte Lebenszufriedenheit bringen wird. Dabei wissen wir doch alle, dass dies Unsinn ist. Inzwischen ist es eine Allerweltsweisheit, dass materieller Besitz ab einem gewissen Sättigungsgrad keinen Zuwachs an Lebenszufriedenheit bringt. Lebenszufriedenheit geben befriedigte Grundbedürfnisse (Essen und Trinken, Sicherheit, ein nettes Dach über dem Kopf, saubere Luft und sauberes Wasser, öffentliche Gesundheitsfürsorge und Bildung), gelingende soziale Beziehungen, eine sinnstiftende Tätigkeit und kulturelle und körperliche Aktivitäten. Dafür sind Eigentum, Besitz und Konsum ein Mittel zum Zweck, mehr nicht.

Aber die Welt, in der wir leben, suggeriert uns täglich etwas anderes: Als junge Frau bekomme ich bei GNTM suggeriert, dass mein Leben mit dieser und jener Kosmetik schöner werden wird, als ZEIT-Leser*in erfahre ich ständig, dass ich mir unbedingt diese Luxusuhr kaufen muss, um sie meinen Töchtern zu vererben, als Tagesschau-Gucker*in höre ich jeden Abend kurz vor der Sendung, dass ich ein bestimmtes Mittel kaufen muss, damit ich nicht mehr so viele Blähungen habe und schon ein KiTa-Kind weiß, dass das Leben ohne X-Box nicht lebenswert sei. Wir werden von Marketing dauerumspült und wir wissen alle, dass wir diese Sachen nicht brauchen und trotzdem folgen wir dem täglichen Kaufrausch. Warum tun wir das? Ich denke, dass uns das Kaufen davon abhält, uns mit unserem Innenleben und unseren sozialen Beziehungen beschäftigen zu müssen. Das ist nämlich anstrengend und oftmals unschön. Wer sich mit sich selbst und den eigenen Bedürfnissen beschäftigt, macht auch unangenehme Entdeckungen und muss sich möglicherweise Eingeständnissen stellen, vor denen man stets davongelaufen ist. Warum musste ich unbedingt die gesamte Palette an Weingläsern der Luxusklasse haben? Weil diese ein Distinktionsmerkmal sind, damit zeige ich den übrigen Connaisseurs, dass ich dazugehöre und die Codes der Abgrenzung zum unwissenden Weinpöbel beherrsche. Warum kaufen sich Menschen gebrauchte oder Restposten von Prada-Klamotten, die sich die entsprechende Ware im regulären Geschäft nicht leisten können? Auch wenn es banal oder nach Küchenpsychologie klingt: Es ist der Versuch, wenigstens ‚reich‘ auszusehen, indem die Insignien des Jetsets imitiert werden. Warum fahren Menschen in Fünf-Sterne-all inclusive-Hotels in Schwellenlängern, wo zwar alles nach Luxus aussieht, aber eben doch keiner ist, denn es ist kein Butler, der einen bedient, sondern ein ausgebeuteter Mensch; die Cola ist aus Konzentrat und die Marmorsäulen im Innenschwimmbad sind nur aufgemalt.

Dazu gibt es diese lebenskluge Aussage: „Wir kaufen Dinge, die wir nicht brauchen, von Geld, das wir nicht haben, um Menschen zu beeindrucken, die wir nicht mögen.“ Ich finde, es lohnt sich, darüber nachzudenken. (Der Ursprung dieses Zitats lässt sich leider nicht klären. Eine Recherche verweist auf so viele unterschiedliche Quellen, dass es wohl eines größeren Aufwandes bedürfte, um die Herkunft zu klären. Darauf verzichte ich hier.)

Der Minimalismus weist uns freundlich und beharrlich darauf hin, dass Lebenszufriedenheit anders zu erreichen ist. Wer seine Grundbedürfnisse angemessen befriedigen kann, wer seine sozialen Beziehungen pflegt und sorgsam hütet, wer sich in seiner Arbeit Mühe gibt, dieser aber nicht den zentralen Platz im Leben einräumt und darüber hinaus noch einigen anderen schönen Dingen nachgeht (komischerweise kosten diese meistens nichts oder nur wenig), muss nicht reich sein, führt aber ein reiches Leben. Um nicht missverstanden zu werden: Ich plädiere hier keinesfalls dafür, dass arme Menschen mit ihrem Leben gefälligst zufrieden sein sollen. Die Befriedigung von Grundbedürfnissen ist elementar für jedes gelingende Leben und aus meiner Sicht ist diese Grundbedingung in unserem Sozialstaat nicht ausreichend gegeben. Aber darüber schreibe ich hier nicht. Meine Texte adressieren Menschen oberhalb der finanziellen Sättigungsgrenze.

Was kann ich konkret tun, um minimalistisch zu leben? Auf der praktischen Ebene gibt es im Internet viele Minimalist*innen, die sehr anschaulich demonstrieren, mit wie wenig sie auskommen. Manche finde ich inspirierend, andere erheiternd, wieder andere wenig überzeugend. Von Patentrezepten halte ich wenig, denn jede*r ist anders, jede*r lebt anders, jede*r liebt anders, jede*r arbeitet anders und woanders. Das muss jeder Mensch für sich selbst herausfinden, wieviel gebraucht wird und das ist je nach Lebensphase  sehr verschieden. Dabei hilft möglichweise diese Maxime, um sich von Leistungsstress oder einem imaginären Ziel zu lösen: Minimalismus ist kein Zustand, sondern ein Prozess. Aber ich möchte ermutigen, den eigenen Besitz und den eigenen Konsum komplett in Frage zu stellen; bei mir hat dies einige Jahre gedauert.

Heute weiß ich genau, was ich brauche, und ich bin nicht besonders bescheiden. Ich besitze mehr als 50 Kleidungsstücke (inklusive Wäsche), aber ich benutze sie alle. Von meinen hunderten Büchern kann ich mich nicht gut trennen, aber ich habe den Platz, den sie einnehmen dürfen, begrenzt und wenn die Grenze überschritten wird, dann müssen einige gehen. Wir haben ein Haus, das uns genug Platz bietet. Unser Garten ist groß, aber nicht riesig. Wir nutzen ihn zur Erholung und zum Anbau von Essen. Das sieht alles nicht nach Minimalismus aus, eher nach Wohlstand und mir ist bewusst, dass meine Darstellung Spott hervorrufen kann. Aber was soll’s: Für mich war es ein großer Schritt, zu mir selbst „Jetzt hast Du genug“ zu sagen, den Dauerkaufrausch zu beenden und nüchtern durchs Leben zu gehen. Das ist für mich Minimalismus.

Was habe ich getan bzw. tue ich fortlaufend, um meine minimalistische Lebensform vor ständigen Konsumanreizen und einem permanenten Zuviel zu schützen? [Hier anklicken]

  • In einem umfassenden Prozess habe ich meinen eigenen Lebensraum komplett ausgemistet und habe mich von allem getrennt, was ich nicht regelmäßig benutze oder was mir sehr viel bedeutet.
  • Wenn ich einen Kaufwunsch habe, dann schreibe ich diese Sache auf eine Liste und warte eine geraume Weile, ob der Kaufwunsch fortbesteht. Die meisten Dinge bleiben dort lange aufgeschrieben, bis ich sie irgendwann streiche. Weniges wird wirklich neu angeschafft. In den allermeisten Fällen sind dies Dinge, die ein defektes Teil ersetzen, das es bereits gab und das nicht mehr reparabel ist.
  • Regelmäßig gehe ich mit einem Korb durch alle Räume und miste aus, was nicht mehr gebraucht wird. Es kommt immer etwas zusammen. Verstecktere Bereiche nehme ich mir seltener vor und räume diese auf, einschließlich Ausmisten, z.B. die Medikamentenkiste oder meinen Kleiderschrank.
  • Ich werfe nichts weg, was noch von anderen Menschen genutzt werden könnte. Diese Dinge werden verkauft oder verschenkt, was sehr viel Mühe macht und mich nervt. Das schreckt mich immens ab, weitere Dinge anzuschaffen, weil ich keine Lust habe, mich später um deren Entfernung zu kümmern.
  • Wenn ich etwas Neues anschaffe, muss ein Teil aus derselben Kategorie fort.
  • Bevor ich etwas kaufe, rechne ich aus, wieviele Stunden ich dafür gearbeitet habe. Dazu habe ich errechnet, was ich netto pro Stunde verdiene. Die allermeisten Käufe werden damit hinfällig, da ich Schnappatmung bekomme, wenn ich mir klarmache, dass ich für eine neue hochwertige Handtasche einige Tage Arbeit aufbringen muss.
  • Ich habe einen Großteil der Werbung aus unserem Haushalt verbannt; was dennoch reinkommt, fliegt ungelesen ins Altpapier.

Ich möchte im Folgenden eine Vielzahl an Konsumgegenständen, Dienstleistungen und Gewohnheiten aufzählen, die ich für überflüssig, Lebenszeitvergeudung oder Geldverschwendung oder schlicht peinlich halte. Die Auflistung ist umfassend und sicher tauchen darin auch Dinge auf, die andere wertschätzen, für wichtig halten oder sehr liebhaben. Daher möchte ich betonen, dass es hier um meine sehr persönlichen Positionen geht und ich damit nicht sagen möchte, dass andere es genauso halten sollten wie ich. Ich nutze hier einfach egoistisch die Möglichkeit, meine Ablehnung mancher Dinge kundzutun Damit werde ich Menschen auf die Füße treten… Meine Kritik ist oft polemisch, arrogant und überheblich und lässt mich vermutlich unsympathisch wirken. Bitte nehmt es mit Humor!

Was ich in meinem Leben noch nie besaß und auch niemals haben möchte – meine sehr persönliche und polemische „Igitt“-Liste [Hier anklicken]

  • Dicke Autos: Warum braucht der Mensch ein Auto, das richtig viel Geld kostet? Um anderen zu zeigen, dass er oder sie ein ganz toller Typ ist, erfolgreicher als andere, reicher als andere. Das werden nun viele zurückweisen und von Komfort, Sicherheit oder Fahrvergnügen sprechen. All das habe ich in meinen Jahrzehnten Leben in allen Varianten und Rechtfertigungen gehört und ich kann nur sagen: Bleibt mir damit weg, es sind pseudo-Rationalisierungen. Wer ein dickes Auto fährt, will angeben oder kompensieren, nichts weiter. SUV, fetter Benz, schwarzer ‚sportlicher‘ Audi, der neue Tesla… es gibt keinen vernünftigen Grund, ein solches Auto zu fahren (den Geländewagen nehme ich für Förster*innen und Landwirt*innen aus). Ein Auto soll mich von A nach B fahren, sonst nichts. In Einzelfällen muss ich damit regelmäßig mehr transportieren als andere, dann muss es vielleicht ein Spezialfahrzeug sein.
  • Hunde und Katzen: Weltweit geben Menschen jährlich Unsummen aus, um ihre Haustiere zu ernähren, tierärztlich zu versorgen und für diese Utensilien zu kaufen. Ich kriege es nicht in meinen Kopf: Wir haben die Wildtiere in der Welt fast ausgerottet, halten Nutztiere häufig unter bestialischen Bedingungen in landwirtschaftlichen Industriebetrieben, um dann mit diesem Fleisch unsere Haustiere zu füttern, die manchmal besser umsorgt werden als die eigenen Eltern und Großeltern.
  • Tattoos: Jeder Strand, jedes Schwimmbad offenbart es gnadenlos: Wir sind ein Land der Tatooträger*innen. Über Schönheit, Ästhetik und Stil lässt sich nicht streiten, keine Frage. Aber ich bin doch immer verwundert, dass Menschen, von denen ich aufgrund diverser Merkmale annehme, dass sie nicht über zu viel Geld im Leben verfügen, hunderte oder tausende Euros für Monsterbilder oder fragwürdige Lebensweisheiten auf ihrer bedauernswerten Haut ausgeben.
  • Angeberhäuser: Diese Spezies der Behausungsmöglichkeiten findet sich in der Regel bei denjenigen, die durchaus über finanzielle Mittel verfügen, die ein sorgenfreies Leben früh ermöglichen würden. Wozu wird aber das viele Geld genutzt? Man muss allen anderen zeigen, dass man es auch wirklich hat und lässt sich ein Angeberhaus bauen. Dieses verfügt über Garagen, die größer sind als die Durchschnittsfläche, die in Deutschland pro Person bewohnt wird, selbstverständlich über einen riesigen, ausschließlich von Steinen verschönerten Vorgarten mit kugeligen Buchsbäumen und einer riesigen Grasfläche mit Mähroboter. Sollte an diesem Haus ein Profi mit Architekturstudium mitgewirkt haben, so sollte dessen Hochschule über einen Entzug des Abschlussgrades nachdenken, denn Stilbewusstsein, bauhistorische Einbindung und Nachbarschaftsbezug sind nicht erkennbar. Es gibt noch die zweite Kategorie an Angeberhäusern: Diese sind sehr geschmackvoll, man sieht ihnen das hochpreisige Architekturbüro an und den wunderschönen Garten hat natürlich ein Landschaftsgärtner angelegt. Ich mag schöne Häuser und Gärten und kann gute Architektur wertschätzen; trotzdem machen mich solche Häuser ein bisschen ratlos. Ich kenne Menschen, die in diesen Häusern wohnen und weiß, dass ihre Behausungen siebenstellige Summen gekostet haben. Da die Bewohner*innen jedoch 16 Stunden am Tag arbeiten und ständig auf Reisen sind, haben sie nichts von ihren schönen Häusern und in den ultrateuren Küchen wird auch nur dann gekocht, wenn Gäste zu beeindrucken sind…
  • Fünf-Sterne-Hotels in prekären Ländern: Einmal im Jahr so tun als wäre ich reich und könnte mir alles leisten. Dieses Versprechen geben uns die ‚Resorts‘ und ‚Luxushotels‘ in der Türkei, in der DomRep, Kenia und anderswo. Das Werbefoto rückt den riesigen Pool ins rechte Licht, die mehr oder minder geschmackvollen Zimmer versprechen guten Schlaf und die üppig aussehenden Büffets kulinarischen Genuss. Sonne gibt es sowieso. Ist das nicht jedem Menschen ab und an zu gönnen? Ich gönne es allen Menschen. Nur leider beruht der Komfort der einen auf der Ausbeutung der anderen. Machen wir uns nichts vor: Diese Hotels können nur wirtschaften, weil sie von der finanziellen Ausbeutung derjenigen profitieren, die diese Anlagen mit ihren Händen bauen, instandhalten, reinigen und versorgen. Wer Urlaub in einem Luxushotel machen möchte, soll das gerne tun; aber es muss einem bewusst sein, dass echte Luxushotels auch echtes Geld kosten und nicht für einen Spottpreis all inclusive für eine Woche zu haben sind.
  • Wäschetrockner: Wäsche wird gewaschen und trocknet an der Luft. Kosten: 0,00 Euro. Einverstanden, den Wäscheständer muss ich natürlich berechnen, aber wenn ich einen guten nehme oder einen richtig guten selbst baue, dann habe ich Jahre oder Jahrzehnte davon. Warum sollte ich für das Trocknen meiner Wäsche pro Jahr etwa 300 Euro allein für Strom ausgeben? Die Kosten für die Anschaffung des Geräts fallen natürlich auch an und Reparaturen gibt es bei allen elektrischen Geräten von Zeit zu Zeit. Und dann gibt es auch noch Menschen, die Dufttücher kaufen, um diese in den Trockner zu geben, damit die Wäsche nicht eklig riecht. Verstehe ich nicht. Wäsche trocknet wunderbar auf jedem Balkon, im Garten, im Wäschekeller, im Schlafzimmer und befeuchtet dabei die meist sowieso viel zu trockene Wohnungsluft. Das Aufhängen kosten nicht viel Zeit und die Zeit kann genutzt werden, um die Gedanken ein wenig fließen zu lassen.
  • Laubbläser: Muss über diese Monster der Neuzeit eigentlich irgendetwas gesagt werden? Weiß nicht sowieso jede*r, dass diese Dinger noch die letzten Insekten töten, ihr Lärm menschenverachtend ist und der Einsatz im Garten oder im Straßenraum einfach nur idiotisch?
  • Elektrische Helferlein im Haushalt: Ja, ich besitze elektrische Kleingeräte für Haushalt und Küche und möchte diese nicht missen. Und ich möchte auch nicht darauf bestehen, dass diejenigen, die ich für unverzichtbar halte (Staubsauger, Toaster, Handmixer, Pürierstab, Mini-Zerkleinerer) alleinseligmachend sind. Das muss jeder Mensch selbst entscheiden. Aber ich kenne Haushalte, da gibt es sie alle: Mikrowelle, Waffeleisen, Sandwichmaker, elektrische Brotschneidemaschine, elektrisches Messer, Wasserkocher, Friteuse, Air Fryer, Elektrogrill, Fonduegerät, Raclettegerät, Eismaschine, Brotbackmaschine, Küchenmaschine mit allen denkbaren und undenkbaren Funktionen, elektrischer Fensterdampfreiniger, Schuhputzautomat, Pizzabackautomat, Donutmaker, Popkornmaschine, Universalküchenmaschine mit Kochfunktion und und und. Jedes Gerät muss gekauft, gereinigt, repariert, verstaut werden. Machen wir uns nicht extrem abhängig, wenn wir jeden Handgriff in unseren Haushalten und Gärten von einem strombetriebenen Gerät erledigen lassen. Können wir überhaupt noch etwas selbst? Und verlernen wir nicht die kreative Kunst der Improvisation, wenn es für alles ein Helferlein gibt?
  • Smart Home Technologie: Liebe Techis, ich bewundere Eure Kreativität und Programmierkunst. Ich habe nichts gegen Technik, im Gegenteil, aber ich muss sie nicht überall haben. Es gibt Orte, da brauche ich sie nicht und möchte sie nicht. Ich muss weder meinen Backofen vom Smartphone aus steuern können, noch möchte ich meine Hausbeleuchtung vom Urlaubsort aus verändern. Wer jemals die Verzweiflung eines echten Smart Home-Enthusiasten gesehen hat, dem sein Smartphone geklaut wurde und dem dadurch sein Leben entglitten ist, der lässt lieber die Finger davon. Ab und an ist analog einfach nur schön und es spart Strom und mein Geld. Häuser sind heute schon unbezahlbar, warum machen wir damit immer weiter? Wir brauchen diese Technologien für unser berufliches Leben, keine Frage. Aber sollte unser Zuhause nicht ein Ort sein, an dem es ganz analog zugehen darf, weil dies Zeit zum Verschnaufen bietet? Man kann das anders sehen als ich und ich verstehe das auch gut, denn tatsächlich finde ich viele technischen Möglichkeiten rund ums Haus auch faszinierend. Aber dann denke ich an die Kosten und lasse es sein.
  • Künstliche Fingernägel: Liebe Frauen, seid Ihr bescheuert geworden? Warum lasst Ihr Euch aufschwatzen, dass Ihr mit wulstigen Plastikaufklebern in Autolackoptik attraktiver seid? Warum nehmt Ihr in Kauf, dass Eure Nägel unter dem Plastik keine Luft mehr bekommen, manchmal Fäulnis und eine Bakterienansammlung wie in einer Latrine entstehen? Es sieht lächerlich aus, wenn Ihr mit diesen Dingern ein Smartphone bedient oder eine Tastatur bearbeitet und die Hände in einem merkwürdigen Winkel verkrümmt, damit die Plastikkappen nicht abbrechen. Und was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann: In deutschen Lebensmittelgeschäften ist so vieles aus Hygienegründen verboten, aber ich sehe immer wieder diese Nagelprothesen hinter der Bäckerei- oder Fleischtheke, was mich zu Fantasiereisen in die Mikrobiologie anregt. Sorry, aber diese Dinger sind einfach nur fies.
  • Privatfernsehen mit permanenter Werbeunterbrechung: Auch wenn es nach bildungsbürgerlicher Arroganz klingt, ich verweigere diese Dauerverblödung. Das Programm ist meistens nur doof bis superdoof. Auch der schönste Film, den ich im Kino verpasst habe, verführt mich nicht dazu, mir permanent Werbung anzusehen. Ich schaue es nicht, ganz einfach. Dann lieber ein Streaming-Abo für die Wintermonate und die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen sind sowieso ganz wunderbar.
  • Elektrische Gerätschaften im Badezimmer: Elektrische Zahnbürste, Mundspülung, Föhn, Epilierer, Haarglätter, Lockenstab, elektrischer Nasenhaartrimmer, strombetriebener Flüssigseifenspender…. Gibt es noch mehr solcher Dinge? Ich kenne mich da nicht besonders gut aus. Wenn jemand ein solches Ding braucht, bitte schön. Aber ich komme mein Leben lang schon sehr gut ohne zurecht und habe noch nie die Rückmeldung erhalten, dass ich eine ungepflegte Person sei. Jedes dieser Teile muss gekauft werden (ganz zu schweigen von Produktion und Transport vorher), aufbewahrt und gereinigt. Außerdem gehen sie schnell kaputt und sind in der Regel nicht reparierbar. Dann wird wieder neu gekauft. Ist das sinnvoll? Braucht man diese Geräte wirklich? Das Leben und Reisen (!) ist so viel leichter mit wenig Gepäck.
  • Dekoartikel rund ums Haus: Manchmal werde ich in meinem Freundinnenkreis komisch angeschaut, wenn ich knapp bekenne „Ich mag nicht so gerne Deko“. Damit meine ich natürlich nicht, dass ich keine schönen Gegenstände mag, sondern ich spreche von den Artikeln, die ohne weitere Funktion im und am Haus vieler Menschen zu finden sind: Künstliche Blumen, Trockenblumen, Kerzen, Kränze, Nippes und Figürchen, Krüge ohne Funktion, Dekorteller, Weihnachtsschmuck an der Fassade, Osterschmuck an der Fassade, Halloweenschmuck an der Fassade und was es da sonst noch so gibt. Ich kann solchen Krempel in meinem Haus nicht ertragen, diese Sachen setzen Staub an, sie machen das schnelle Wischen unmöglich, sie kosten viel Geld und die allermeisten gefallen mir nicht. Warum ich das Haus außen schmücken soll (außer mit echten Pflanzen natürlich), ist mir schlicht ein Rätsel. Ich hoffe doch sehr, dass mein Haus auch ohne diese Elemente hübsch ist. Ich kenne Häuser, da gibt es jeden Monat eine neue Außendekoration: Im Januar Styropormännchen im Skifahrerlook, im Frühjahr Plastik-Ostereier und Plastikhasenreliefs, im Sommer Plastikblumenkästen, im Herbst Kürbisschwemme aus Kunststoff und Weihnachten gibt es das große Finale mit dem kletternden Weihnachtsmann und dem blinkenden Rentier. Ich weiß, dass ich wie eine Spielverderberin wirke, aber ich denke dabei leider an Menschen in weltweiten Billigfabriken, die diese Dinge produzieren, die Emissionen der Schiffe und Lastwagen, die diese Dinge hierherbringen und an die Berge an Müll, die nach kurzem Gebrauch übrigbleiben, denn dieses Zeug hält nicht lange. Im Hinblick auf persönliche Finanzen frage ich mich schon, warum jemand für diese Artikel Geld ausgibt. Im Laufe eines Lebens kommen bei manchen Menschen echte Summen zusammen. Mir fällt da Besseres ein, was ich mit diesem Geld anfangen kann und den Stauraum kann ich auch besser nutzen oder brauche ihn gar nicht.
  • Mähroboter: Ich will diese Dinger gar nicht verteufeln, insbesondere ältere Menschen lockt die Aussicht, auf die anstrengende und zeitraubende Plackerei zu verzichten und ich verurteile das nicht. Aber es gibt zwei Aspekte, auf die ich ganz unpolemisch hinweisen möchte: Mähroboter bedeuten den Tod vieler Kleintiere im Garten, seien es Igel, Mäuse oder anderes Getier. Der zweite Aspekt ist ein minimalistisch-frugaler: Ein guter Mähroboter kostet sehr viel Geld, die preiswerten Versionen erhalten in Verbrauchertestungen sehr schlechte Werte. Also muss man richtig investieren, 1000 Euro und aufwärts und auf viele Jahre gerechnet natürlich deutlich mehr, denn es fallen Energiekosten an, ebenso Reparaturen und die Kosten für die Wiederanschaffung, wenn das gute Stück kaputtgeht. Ich gebe hier zu bedenken, dass für diesen Betrag ein*e Aushilfsgärtner*in für recht lange Zeit finanziert werden kann. Solange das Rasenmähen körperlich bewältigt werden kann, lohnt sich eine Veränderung des Blickwinkels: Wie viele Fitnessstudio-Kosten und Sportkurse kann ich mir sparen, wenn ich Rasenmähen als Sport ansehe, der Körper und Seele guttut. Und dann doch noch ein kleiner polemischer Seitenhieb: Vielleicht doch mal ehrlich selbst befragen, ob der Mähroboter nicht ein Statusobjekt ist, dass ich nur haben möchte, weil die Nachbarn oder die Bekannten auch einen haben und ich nicht der arme Willi sein möchte, der noch selbst mäht?
  • Schmuck: Das ist kontrovers, ich weiß. Dennoch führe ich es hier auf, wenngleich mir bewusst ist, dass sehr viele, auch wohlmeinende Menschen spätestens hier sagen werden: „Jetzt ist sie vollends bekloppt geworden.“ (so würde man es in meiner linksrheinischen Heimat formulieren). Menschen haben ein Bedürfnis, sich zu verschönern und behängen sich mit allen möglichen Ringen, Ketten, Ohrgehängen und dergleichen. Kulturhistorisch hatte Schmuck nach meiner Kenntnis aber weniger eine ästhetische Funktion, sondern diente vielmehr dazu, soziale Ordnung zu demonstrieren. Durch ein Schmuckstück konnte man sich einer bestimmten Gruppe oder einem Clan zugehörig zeigen und es konnte der soziale Status und Rang innerhalb dieser Gruppe demonstriert werden. Nicht umsonst tragen bis heute Monarch*innen eine Krone, die nicht aus Baumrinde besteht, sondern aus Gold und wertvollen Funkelsteinen. Was die Ranghöchsten vormachen, wird von den Rangniederen nachgemacht. Wer es sich leisten kann, nimmt ebenfalls Gold und Funkelsteine, der ärmere Rest nutzt Imitate, ergo Modeschmuck. In unserem modernen Leben heißt das, dass wir eigentlich kaum Menschen sehen, die keinen Schmuck tragen. Wir alle finden es wohl normal, dass Menschen Goldketten tragen, Ringe und Ohrringe, Armreifen, je nach Mode und Zeitalter auch Broschen, Krawattennadeln und was es sonst noch so gibt. Auch die Armbanduhr ist immer noch präsent, obwohl Zeitangaben heute an jedem digitalen Gerät stets verfügbar sind. Warum? Sie ist ein Statussymbol. Auch beim symbolträchtigen Ehering und in jüngster Zeit auch beim noch prächtigeren Verlobungsring finden wir dieses Statuselement, denn warum sonst fällt der Ring umso kostbarer aus, je wohlhabender die dazugehörigen Personen sind oder scheinen wollen? Mir ist bewusst, dass Schmuck uns schon seit der Frühzeit des Menschen begleitet, ob als Statusobjekt oder soziales Distinktionsmerkmal. Dennoch möchte ich anregen darüber nachzudenken, ob man nicht auch ohne oder mit sehr wenigen Stücken leben kann. Schmuck kostet Geld, er zieht Diebe an, oft liegt er nur herum und wird gar nicht getragen und Gold und Edelsteine werden unter dubiosen Umständen abgebaut und gehandelt. Vermutlich liegt in jedem Haushalt ungetragener Schmuck herum, der nur aufbewahrt wird, weil wir alle der Zuschreibung, dass Schmuck wertvoll sei, folgen. Zur Erinnerung: Es ist nur ein Metall, manchmal mit funkelnden Steinchen drin.
  • Furniermöbel: Wir alle benötigen Möbel in unseren Räumlichkeiten und diese haben in der Regel eine Funktion. Wir sitzen darauf oder daran, wir liegen darauf, wir stellen unsere Dinge hinein. Möbel sollten daher praktisch sein, aber sie sollen uns auch gefallen, denn wir müssen sie jeden Tag anschauen und sie prägen unser Zuhause und geben ihm sein spezifisches Aussehen. Dass die Geschmäcker dabei verschieden sind, liegt auf der Hand. Ein Rundgang durch jedes beliebige Möbelhaus offenbart, dass die Menschheit dabei eine ihrer ältesten Kulturtechniken, nämlich aus Holz ein Möbelstück zu tischlern, verlernt zu haben scheint. Was uns heute als Möbel zum Kauf angeboten wird, besteht mehrheitlich aus gepressten Holz- oder Kunststoffspänen, die mit Leim und Chemikalien zusammengehalten werden und außen mit einer Folie namens Furnier aus dünnstem Holz oder Plastik oder Lackfolie beklebt sind. Wenn es sich um eher preiswerte Objekte handelt, dann ist es oft mit der Stabilität nicht weit her; wer je versucht hat, einen Schrank vom großen Schweden umziehen zu lassen, versteht, was ich meine. Ich hatte als Studentin einen weißen Lackküchentisch von ebendiesem Laden, der zwar sehr stylisch aussah, aber so instabil und wackelig war, dass man sich nicht mit den Unterarmen auf diesem abstützen durfte, weil der Tisch ansonsten in extreme Schieflage geriet und ich befürchten musste, dass uns gleich die Teller abstürzen. Das alles könnte noch als witzig durchgehen, wenn hier nicht ein großes ökologisches Problem dahinter stünde: Die Massen an Möbel, die allein in Deutschland jedes Jahr weggeschmissen werden, weil sie kaputt sind oder nicht mehr gewollt werden, ist riesig. Eine Nachfrage beim kommunalen Sperrmüllentsorger macht deutlich, dass dieser Müllberg wirklich ein Problem ist. Ich möchte dringlich dafür plädieren, Möbeln einen größeren Wert zuzumessen und somit auch bereit zu sein, für diese mehr Geld auszugeben. Es ist ein Irrglaube, dass billige Möbel Geld sparen, denn sie halten einfach nicht lange. Massivholzmöbel sind langlebig, reparabel, veränderbar und sie haben eine wunderbare Haptik.
  • In dieselbe Kategorie fallen Laminatböden. Wenn ich mir einen solchen in meine Räumlichkeiten lege oder legen lasse, gebe ich mich mit einem Kunststofffoto des Materials meiner eigentlichen Wahl zufrieden, welches mit reichlich Chemikalien beschichtet wird. Damit ist es dann zwar ziemlich resistent gegen Kratzer und Wasser, aber ich lege mir damit auch Sondermüll in meine Wohnung. Warum sollte ich das tun? An die vermeintliche Langlebigkeit glaube ich nicht, dafür habe ich schon zu oft gehört, dass Menschen diesen super-preiswerten Bodenbelag schnell wieder rausreißen und einen neuen verlegen, er war ja schließlich ganz billig, da darf es öfter mal was Neues sein. Außerdem riechen sie oft sehr unangenehm und fühlen sich unter nackten Füßen nicht gut an. Es gibt so viele natürlich Bodenbeläge, die ebenfalls langlebig und wenig pflegeintensiv sind und die, wenn sie dann irgendwann entsorgt werden müssen, kompostiert, im Ofen verbrannt oder recycelt werden können.
  • Zäune und Mauern aus dem Baumarkt: Mein Favorit ist das Modell ‚Betonmaueroptik in Plastikausführung, zwei Meter Höhe‘. Sollten Sie in direkter Nachbarschaft eines solchen Objekts wohnen, dann spreche ich hiermit mein Beileid aus. Eine schlimmere Strafe können Nachbarn einander nicht zumuten. Wenn ich die Zäune und Mauern aus dem Halbfertigsortiment unserer Baumärkte sehe, könnte ich weinen. Es macht mich ratlos, wenn ich darüber nachdenke, dass die Käufer*innen solcher Elemente selbst ja auch dazu verdammt sind, sich diese Dinger von innen anzuschauen. Wenn der Garten klein ist, liegt die Assoziation einer Gummizelle nahe, oder? Warum macht jemand so etwas? Wer findet so etwas schön?
  • Funktionskleidung: Manchmal ist sie praktisch. Wanderschuhe zum Wandern müssen sein, Laufschuhe zum Laufen sind sinnvoll, Sporthosen zum Sporttreiben sind auch nicht dumm. Darum geht es mir nicht. Aber gerade in Deutschland sind wir das Land der Funktionskleidungsträger*innen geworden und zwar ganzjährig und im Alltag. Ich sehe häufig Menschen, die täglich Wanderschuhe tragen; ich sehe täglich Menschen, die mit einer schrill-bunten Fleecejacke oder einem expeditionstauglichen Anorak unterwegs sind. Diese Kleidung besteht nicht aus natürlichen Materialien, somit werden diese Stücke irgendwann Problemmüll. Und bis sie zu Müll werden, geben sie mit jeder Wäsche Mikroplastik ab. Ist das nötig? In unseren Wintern reicht ein Wollmantel aus, um durch die Kälte zu kommen und eleganter ist er auch noch.