Weniger Müll, mehr Leben

Vom Verschenken

Geschenke erhalten und Geschenke vergeben sind für Minimalist*innen ein etwas heikles Thema. Wer ein Geschenk macht, meint es in der Regel gut und möchte einem anderen Menschen eine Freude machen. Das gelingt nicht immer. Ich kenne niemanden, der nicht von Gelegenheiten erzählen kann, in denen Geschenke als unwillkommen, belastend, übergriffig oder schlicht überflüssig wahrgenommen wurden. Das ist traurig, denn eigentlich möchten Menschen ja genau das Gegenteil erreichen. Mir selbst fällt es sehr schwer, Geschenke zurückzuweisen und es gab in meinem Leben nur wenige Situationen, wo ich dies tatsächlich getan habe. Wie vermutlich viele Menschen nehme ich unwillkommene Geschenke an, bedanke mich dafür und behalte mein innerliches Grummeln für mich. Wenn die Gefahr nicht besteht, vom Schenkenden ertappt zu werden, verschenke ich einige Geschenke weiter, aber nur, wenn ich ganz sicher bin, dass die nächste beschenke Person sich über das Geschenk auch freuen kann. Wenn ich das Geschenk selbst so schrecklich finde, dass ich es nicht an mir liebe Menschen verschenken möchte, dann verschenke ich es an Fremde. Entweder ich übergebe es unserem örtlichen Sozialkaufhaus oder aber ich stelle einen Geschenketisch vor mein Haus. Solche Ablagen mit zu verschenkenden Gegenständen sieht man immer häufiger, in der Stadt Bremen sind sie seit vielen Jahren überall anzutreffen. Mir fällt jedoch oft auf, wie lieblos die Schenkenden die Gegenstände draußen ablegen, diese werden in kaputten Kartons vor die Tür gestellt oder in ollen Waschkörben. Das empfinde ich als respektlos und auch nicht besonders geschickt. Wenn man möchte, dass die Gegenstände von einem anderen Menschen als so wertvoll angesehen werden, dass sie sie mit nach Hause nehmen, dann sollte ich als Schenkender diese auch so behandeln. Es genügt, ein kleines Tischlein aufzustellen und die Gegenstände darauf zu geben. Ich hänge immer einen Zettel dazu mit der Aufschrift „Zu Verschenken J“. Der Smiley ist wichtig, denn genau darum geht es mir: Gegenstände mit einem Lächeln abzugeben und ihnen damit einen Wert zuzusprechen, anstatt sie wie Müll zu behandeln.

Um unwillkommene Geschenke zu vermeiden, versuche ich Familie und Freund*innen dezent einen Hinweis zu geben, worüber ich mich freue. Man wird ja häufiger gefragt, was man sich wünsche oder worüber man sich freue und ich antworte darauf immer: „Alle, was lesbar ist, essbar, erlebbar.“ Bücher, gute Lebensmittel und gemeinsame Ausflüge machen mich happy. Die Bücher verschenke ich manchmal weiter und habe dabei keinerlei Gewissensbisse. Meine eigene Geschenkauswahl besteht in der Regel auch aus diesen Auswahlmöglichkeiten.

Praktisches rund ums Schenken [Hier anklicken]

  • Wo immer möglich, kann man dezente Hinweise geben, worüber man sich freut. So vermeidet man Geschenkefrust. Genauso sollte man solche Hinweise selbst erhören und irgendwo aufschreiben, damit bei der passenden Gelegenheit die Idee wieder abrufbar ist.
  • Häufig erlebe ich die Praxis, dass Menschen für eine größere Anschaffung sparen, zum Beispiel ein Fahrrad. Oder sie träumen von einer bestimmten Reise. Dann kann ein Geldgeschenk eine schöne Alternative sein. Die Empfänger*innen sollten dann aber einen Hinweis geben, damit man Bescheid weiß. Es ist mir schon passiert, dass ich mit einem Geschenk in der Hand dastand und als einzige nicht wusste, dass es eine Sammelbox für einen Herzenswunsch gab.
  • Geschenke lassen sich wunderbar abfallfrei einpacken. Schöne abgelegte Tücher eignen sich hervorragend und können unendlich oft benutzt werden. Wie befreiend, wenn man in der eigenen Wohnung keine Kiste mit Geschenkpapier und Bändern mehr aufbewahren muss!
  • Es gibt auch immer die Möglichkeit, bei geeigneten Gelegenheiten wie z.B. runden Geburtstagen auf Geschenke ausdrücklich zu verzichten und stattdessen eine Spendenbox aufzustellen. Dabei finde ich es gut, wenn es die Möglichkeit gibt, für zwei verschiedene Maßnahmen zu spenden. Nicht jede*r ist geneigt, die Katzenhilfe zu unterstützen, daher sind zwei Alternativen einfach nett gegenüber den Schenkenden bzw. Spender*innen.
  • Unter engen Freund*innen und Familienangehörigen ist es angenehm, wenn es Absprachen über den ungefähren Geldwert eines Geschenkes gibt. Ich finde es ganz furchtbar, dass es bei Geschenken scheinbar kein Limit nach oben mehr gibt, zumindest in meinen Mittelstandskreisen. Ich habe mich schon häufiger sehr beschämt gefühlt, wenn Geschenke offensichtlich sehr teuer waren und ich als Schenkende zuvor nicht in etwa so viel ausgegeben habe. Mir ist das sehr unangenehm. Ich möchte nicht, dass man mir zu einer zwanglosen Geburtstagseinladung teure Geschenke macht. Nun ist die Einschätzung, was ein teures Geschenk ist, offenbar sehr unterschiedlich. Ich freue mich über ein Buch und die Preisspanne zwischen einem Taschenbuch und einem dicken Hardcover fällt bei mir noch unter die Toleranzgrenze. Aber wenn ich Geschenke erhalte, die klar mehr als 50 Euro kosten, bin ich peinlich berührt. Und ich weigere mich, in solche Aufwärtsspiralen einzutreten.
  • Gerade bei Kindern finde ich Absprachen zwischen den Eltern sehr gut, wieviel Geschenke maximal kosten dürfen. Bei meinen Kindern lag die Spanne noch zwischen 10 und 12 Euro bei einem Geburtstagsgeschenk; das ist angesichts der Preisentwicklungen sicher heute nicht mehr ganz realistisch, aber dennoch sollte es klare Begrenzungen unterhalb von 20 Euro geben. Es geht um die Geste und um die Passung für das Geburtstagskind, nicht um den monetären Wert! Und gleichzeitig sollte niemand beim Schenken beschämt werden, der einfach nicht mithalten kann.
  • Konsumierbare Geschenke erfreuen viele Menschen. Dabei rate ich zu Qualität statt Quantität oder falscher Originalität. Ich freue mich viel mehr über eine kleine Flasche sehr gutes Olivenöl als über eine Flasche aromatisiertes Öl mit vermeintlich ungewöhnlichem Aroma, mit dem ich nicht viel anfangen kann. Ich bin immer traurig, wenn Menschen Geld für ein minderwertiges Öl mit künstlichem Zitrusaroma ausgeben. Ein bisschen Zitronenschale kann ich doch selbst untermischen!
  • Mit engen Angehörigen kann man verabreden, dass man auf Geschenke verzichtet, wenn diese den Charakter einer Pflicht annehmen. Ich empfinde das als Entlastung.


Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert