Weniger Müll, mehr Leben

Zero Waste

Diesen einen auslösenden Moment hat es nicht gegeben, sondern vielmehr waren es viele Einzelmomente: Es hat mich einfach gestört, dass ich, egal was ich gemacht habe, immer Müll produziert habe. Unsere vielen schönen Familiengeburtstage, sie waren immer damit verbunden, dass wir zwar wunderbares Essen gekocht haben, aber jedes Mal haben wir einen 50l-Sack Plastikmüll produziert, manchmal auch mehr. Ich probiere gerne Streetfood, genieße es, heißes, duftendes Essen draußen an der Luft zu essen – aber jedes Mal, wenn ich danach das Einweggeschirr weggeworfen habe, hat es mich tief gestört. Bei meinen Winterspaziergängen in unseren Wäldern ist es immer wieder so, dass mir in Straßennähe auffällt, dass die Randstreifen und Hänge übersät sind mit Müll. Wir sehen ihn nur nicht, wenn die meiste Zeit im Jahr die Wildkräuter darüber wuchern. Unvergessen ist unser Urlaub auf der Peloponnes (Griechenland) im April 2003: Wir waren spazieren und hatten einen wunderschönen Strand entdeckt. Mein Mann und ich machten uns mit unseren damals zwei Kindern im Kindergartenalter auf den Weg und wunderten uns beim Näherkommen, was für merkwürdige Steine auf dem Strand lagen. Je näher wir kamen, desto deutlicher entpuppten sich die Steine als Müll. Als wir ankamen, waren nicht nur wir schockiert, auch die Kinder waren fassungslos. Es gab keinen Quadratmeter, auf dem kein Müll lag. Wir hatten unsere Picknickdecke dabei, aber es gab keinen Flecken, wo wir uns hätten hinsetzen können. Und im Sommer 2021, wiederum an einem wunderschönen (und täglich gereinigten) Strand: Von Müll keine Spur, aber ich habe jeden Tag die gleiche Beobachtung gemacht: Wann immer ich eine Handvoll Sand aus der Nähe untersucht habe, waren grüne, blaue, rote und rosa Partikel erkennbar, ganz eindeutig Mikroplastik. Und zwar in jeder Handvoll Sand, die ich mir angeschaut habe, zwölf Tage lang.

Das Thema Müll hat mich nie kaltgelassen. Als ich mit 21 Jahren zuhause auszog (das ist schon eine Weile her), hatte ich mir fest vorgenommen, viel müllbewusster als meine Eltern zu sein. Eine Zeitlang ging ich mit ausgespülten, verschließbaren Dosen und benutzten Papiertüten einkaufen und ließ mir lose Ware dort hineinfüllen. Komische Blicke gab es schon damals, aber das war mir egal. Ich kann mich nur nicht mehr erinnern, wann und warum ich diese Praxis wieder aufgegeben habe, ich vermute im Zusammenleben mit meinem Freund, meinem heutigen Mann. 30 Jahre habe ich gelebt wie die meisten Menschen: Ich habe jeden Tag Müll produziert. Vielleicht weniger als viele andere, aber doch genug, um eine Gelbe Tonne mit Plastik und eine Restmülltonne mit 35l Müll pro Monat zu befüllen.

Und dann wollte ich diese Art zu konsumieren vor einigen Jahren nicht mehr und habe Schritt für Schritt meine und unsere Alltagsgewohnheiten umgestellt. Dieser Prozess hat mein Leben sehr stark verändert – zum Positiven. Meine Familie, das sind mein Mann und unsere drei (fast) erwachsenen Kinder, finden das entweder in Ordnung oder akzeptabel oder nervig und „übertrieben“. Das bedeutet, dass ich nicht alles in unserem Leben umstellen kann, wie ich mir das vorstelle, denn meine Vorstellungen vom Richtigen und Guten decken sich nicht immer mit den Vorstellungen der übrigen Personen in unserem Haushalt und das respektiere ich oder versuche es zumindest.

Das Thema Zero Waste (hier verstanden als der Versuch, das eigene Leben so zu gestalten, dass man nur sehr wenig Müll produziert) polarisiert. Diejenigen, die keine Lebensstiländerung möchten, haben es leicht, meine Alltagspraktiken lächerlich zu machen. Ich gehe damit nicht hausieren, aber dennoch bekommen natürlich Menschen mit, dass ich manche Dinge anders erledige. Seien es belustigte Kommentare auf dem Wochenmarkt (selten) oder Witzeleien im Freundes- und Familienkreis (häufig): Wer Dinge anders praktiziert, macht sich zur Zielscheibe von Spott, Hohn und Ablehnung. Das kann ich aushalten.

Schwieriger fand ich, zumindest zu Beginn, Ablehnung ‚von der anderen Seite‘, also von Menschen, die sehr nachhaltigkeitsbewegt sind und meine Aktivitäten als zu kleinteilig bewerten oder der Ansicht sind, alles Handeln müsse sich an der Bewältigung des Klimawandels orientieren und Müllemissionen seien nicht der richtige Hebel, sondern man müsse auch individuell stets an den größeren Hebeln ansetzen, also Mobilität, Flächenverbrauch, Energieverbrauch, Wasserverbrauch. Ich möchte diesem Denken gar nicht viel entgegensetzen, es hat einen wahren Kern. Ich teile die Überzeugung, dass der Klimawandel, das Artensterben und die Wasserverschmutzung die größten Bedrohungen der Menschheit darstellen (neben Atomkriegen und Atomunfällen). Jedoch habe ich recht schnell gemerkt, dass meine winzig kleinen Alltagsveränderungen jeweils eines dieser Großprobleme adressieren. Wer seinen Müll nach und nach reduziert, verändert nicht nur seinen Konsum, sondern auch Gewohnheiten, die unseren individuellen Beitrag zu den genannten Großproblemen reduzieren. Und damit dies ganz klar ist: Ich denke keinesfalls, dass einzelne Menschen mit der Veränderung ihrer Lebensgewohnheiten Großprobleme lösen können. Das ist eine politische Aufgabe und es ist unsere Aufgabe als Bürger*innen, diese Lösungen politisch einzufordern und je nach individueller Bereitschaft zum Engagement durch Mitwirken in einer Partei oder als Aktivist*innen zu unterstützen.

Warum sollte ich dann als Einzelperson trotzdem meine Alltagsgewohnheiten unter die Lupe nehmen, wenn nicht unmittelbar eine Wende erfolgt? Die Antwort ist keine politische, sondern eine psychologische: Menschen benötigen für ihre mentale Gesundheit eine Übereinstimmung ihres Handelns mit ihren Werten; so einfach ist es, zumindest für mich. Und natürlich darf es auch mal Widersprüche und Inkonsistenzen geben, sonst wird man ganz meschugge.

Mit den Papiertüten beim Bäcker habe ich angefangen. Zweimal pro Woche ging ich früher zum Bäcker und kaufte in der Regel drei Brote oder eine Tüte Brötchen statt einem Brot. Wir waren lange ein Fünf-Personen-Haushalt, dann waren wir zu viert und jetzt sind wir zu dritt. Das machte pro Woche sechs Papiertüten, also etwa 300 im Jahr. Ich gewöhnte mir an, einen sauberen Stoffbeutel mitzunehmen und ließ mir die Brote über den Tresen reichen. Zuhause bewahrte ich die Brote in diesem Beutel auf und das mache ich bis heute so. Die Stoffbeutel gab es in unserem Haushalt schon, stinknormale weiße Baumwollbeutel, die ich nicht gekauft habe, keine Ahnung, wie diese zu uns gelangt waren. Wenn ein Broteinkauf aufgegessen ist, leere ich die Krümel in meine Kompostschüssel und wasche den Beutel mit unserer 60-Grad-Wäsche. Inzwischen finde ich es merkwürdig, wenn Brot nicht in Stoffbeutel verpackt ist und finde die farbig bedruckten Papierbeutel sogar ein bisschen unangenehm.

So ging es weiter, Schritt für Schritt. Jeden Monat wählte ich ein, zwei oder mehrere Dinge aus, die ich nicht mehr ins Haus holen wollte und überlegte mir Alternativen. Inzwischen ist die Liste der Dinge lang geworden und wir vermissen …. nichts! Ich orientiere mich an dem Motto der amerikanischen Zero Waste-Aktivistin Bea Johnson „Refuse, reduce, reuse, recycle, rot“, welches ich um „repair, repurpose“ ergänzen möchte.

Refuse

Folgende Dinge haben sich aus unserem Haushalt verabschiedet [Hier anklicken]

  • Küchenrolle: Ich habe zwei oder drei weiße Frottee-Handtücher, die schon ziemlich zerlumpt waren, in jeweils acht Stücke geschnitten und in die frühere Ablage für Küchenpapier gelegt. Wenn ich sie benutze, gebe ich sie danach in die 60-Grad-Wäsche. Ich brauche sie aber gar nicht so oft.
  • Wattestäbchen: Meine Ohren reinige ich mit einem Stück Klopapier; der HNO-Arzt begrüßt diese Praxis sehr!
  • Wimperntusche: Ich schminke mich nicht mehr, das spart Zeit und Stress.
  • Flüssiges Shampoo: Wir sind auf feste Shampoos vom Drogeriemarkt umgestiegen. Unnötigerweise werden sie im Pappkarton verkauft.
  • Badezusätze: Benutze ich nicht mehr.
  • Kloreiniger: Ich reinige alles mit einer Mischung aus Neutralreiniger einer Ökomarke, der gleichen Menge Essigessenz und der doppelten Menge Wasser.
  • Spülschwämmchen (Mikroplastik!): Ich benutze die zerschnittenen Handtücher als Spüllappen. Abends gebe ich den Lappen in die Wäsche.
  • Alufolie, Frischhaltefolie: Ich verwahre Essensreste in Glasdosen mit Deckel oder in Schraubgläsern.
  • Müllbeutel: Unsere Restmüllmenge ist sehr gering. Ich sammele den Küchenmüll in halbierten Klopapierverpackungen oder Tüten, die über online-Bestellungen in unser Haus kommen. Anderer (trockener) Müll kommt lose in die Tonne.
  • Gefrierbeutel: Essensreste und Vorräte verpacke ich in Glasdosen oder Schraubgläsern und friere diese ein.
  • Plastikflaschen: Ich selbst trinke immer schon nur Tee und Leitungswasser, mit Gästen auch mal Wein oder selten ein Bier. Unsere Jüngste besteht auf Sprudelwasser und mein Mann trinkt viel alkoholfreies Bier; beides kaufen wir in Glas-Pfandflaschen (möglichst aus regionaler Erzeugung).
  • Geschenkpapier: Ich verpacke Geschenke in alten Seidentüchern oder in Zeitungspapier oder gar nicht.
  • Einjährige Pflanzen: Wir haben einen eher naturnahen Garten, in dem wir nicht besonders viel herummachen. Ich pflege meine Hochbeete und ein Beet mit Beerensträuchern und Rhabarber, mein Mann mäht ab und an den Rasen und schneidet einmal im Jahr unsere riesige Hecke. Ansonsten gibt es Bäume, ein paar schöne blühende Büsche und Sträucher. Kübelpflanzen habe ich nur noch aus vergangenen Zeiten oder es sind geschenkte Pflanzen.
  • Papierservietten: Wir haben immer schon recht viele Stoffservietten (meist second hand) gehabt, weil ich diese feiner finde.
  • Neue Büromaterialien: Ich habe genug einseitig beschriebenes Papier im Haus oder es kommt per Post neu herein, um damit bis an mein Lebensende auszukommen. Dieses benutze ich als Schreibpapier, als Druckerpapier und geviertelt als Notizpapier. Andere Schreibmaterialien sind einfach schon alle da und ich kaufe so gut wie nie etwas Neues.
  • Verpacktes Gemüse: Ich kaufe seit Jahren nur unverpacktes Gemüse, gegebenenfalls ändere ich spontan den Kochplan. Da ich zum großen Teil auf dem Wochenmarkt und im Bioladen einkaufe, ist das unproblematisch. Größere Gemüse packe ich lose in meinen Korb, für kleinere Gemüse nehme ich eigene Beutel mit (selbstgenäht aus Stoffresten oder alte Papiertüten, die jahrelang halten).
  • Käsepapier: Unseren Käse kaufe ich beim Käsehändler auf dem Wochenmarkt. Ich bestelle meinen gewünschten Käse und lege gleichzeitig ein Stofftaschentuch auf den Tresen. Der Käsehändler legt den Käse darauf und ich wickele ihn ein. Da ich seit vielen Jahren Stammkundin bin, ist meine Praxis dort gut bekannt und wird nicht groß thematisiert. Frischkäse füllt man mir in mein mitgebrachtes Glas. Zuhause lege ich den Käse im Tuch in eine große Edelstahldose und lagere diese im Kühlschrank. Wir haben festgestellt, dass alle unsere Käseeinkäufe viel länger halten als in Einwegverpackungen. Offenbar sind Baumwolltuch (nur für Käse genutzt) und Metalldose atmungsfreundlicher. Auch der Frischkäse im Glas hält deutlich länger!
  • Gratisgeschenke und Werbegeschenke aller Art nehme ich mit sehr wenigen Ausnahmen nicht an und weise diese freundlich und mit Dank zurück.
  • Wattepads: Diese brauche ich nicht mehr, seit ich meine Augen nicht mehr schminke. Da ich aber Nagellack benutze, habe ich noch Nagellackentferner im Haushalt, den ich mit Klopapier anwende.
  • Tüten aller Art nehme ich nicht an oder gebe sie Gästen, die darin etwas transportiert haben, wieder mit.
  • Spezialputzmittel: Die alte Batterie an Chemikalien haben wir entweder aufgebraucht oder verschenkt. Mir genügen Kernseife, Essigessenz in der Glasflasche und ein einfacher Neutralreiniger, den ich nur stark verdünnt verwende; außerdem ein wenig Natron und Zitronensäure. Einzige Ausnahme: Ich benutze einen Fettlöser einer Ökomarke für besonders hartnäckigen Schmutz in der Küche.
  • Spülmittel: Ich spüle mit einem Stück veganer Kernseife, das ich auf meinen Frotteelappen reibe. Das klappt hervorragend.
  • Schnittblumen: Blumen nehme ich aus meinem Garten oder ich schneide mir ein paar schöne Zweige von Büschen am Wegesrand. Aber eigentlich genügt es mir, aus dem Fenster zu schauen. Und wenn mir liebe Menschen Blumen schenken, dann nehme ich diese gerne an, bitte aber darum, künftig Blumen ohne Verpackung zu schenken.
  • Gartenerde: Da wir einen großen Komposthaufen haben, der oft sehr lange liegen bleibt, nutze ich diese Erde auch für Kübel. Lediglich Anzuchterde kaufe ich zu Beginn der Gartensaison neu.
  • Werbekataloge und Printwerbung: Dieses Refuse hat sicher am meisten Aufwand verursacht und es bleibt ein ständiges Unterfangen. Ich schreibe Emails an alle Versender und erteile einen Sperrvermerk für Werbung und untersage die Weitergabe meiner Daten an Dritte. Außerdem habe ich mich in die Robinsonliste eintragen lassen und natürlich trägt unser Briefkasten ein Schild „Keine Werbung“. Die Werbeflut ist deutlich geringer geworden, aber sie hört nicht auf und es kostet viel Gelassenheitsanstrengung, darüber nicht ärgerlich zu sein.
  • Teelichter: Habe ich sowieso kaum noch besessen, da ich wegen meines Asthmas fast nie Kerzen entzünde. Es hat mich gestört, dass diese Lichter in der Regel in einem Aluminiumtöpfchen daherkommen. Daher benutze ich auch kein Stövchen, sondern trinke meinen Tee gerne auch kalt oder fülle ihn in eine Thermoskanne.
  • Parfüm und andere ‚duftende‘ Wässerchen und Substanzen: Ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich auf all das Riechzeug seit Jahrzehnten verzichte, weil dieses bei mir Asthma auslöst; der Impuls war also nicht zero waste. Es hat lange gedauert, bis ich Familie und Freundinnen erklärt habe, dass ich mich nicht anstelle oder zimperlich bin oder heimlich doch gerne ‚Düfte‘ benutze, sondern dass diese bei mir so reizend wirken, dass ich keine Luft mehr bekomme. Das erschwert meinen Alltag immens, da ich auch auf entsprechende Gerüche von anderen reagiere; so mancher Kinobesuch ist damit schon zur Tortur geworden. Dennoch bin ich dankbar, dass meine Erkrankung mich zur duftfreien Zone gemacht hat, denn seitdem rieche ich sehr viel besser und erfreue mich an Gerüchen von Blumen, frischem Gras, Obst und Gemüse. Im Namen aller Asthmatiker*innen und anderer Lungenerkrankten dieser Welt appelliere ich: Verzichtet auf Duftwässerchen aller Art, sie machen krank und wenn man eine feine Nase hat, dann duften sie auch nicht, sondern stinken unbeschreiblich. Außerdem sind sie in keiner Kläranlage der Welt aus dem Wasser zu lösen, so dass unsere Klärwässer, also Flusswasser und später Meereswasser, all diese Duftstoffe aufnehmen.
  • Textmarker und andere Stifte in der Kunststoffhülse: Was da ist, wird noch aufgebraucht. Bleistifte und Buntstifte erfüllen ihre Aufgaben mühelos, langlebig und geruchsfrei.
  • Post-its und gekaufte Notizzettel: Aus meinem hohen Stapel an Schmierpapier, den ich in einer Holzkiste im Regal stehen habe, nehme ich mir bei Bedarf einige Blatt Papier und halbiere diese, dann schneide ich nochmals die Hälften durch. Diese Blattgröße finde ich optimal, darauf schreibe ich meine Einkaufszettel, Erinnerungshilfen, kleine Familiennotizen und vieles mehr.
  • Spülmaschinentabs: Hier lohnt es sich, den Kilopreis auszurechnen und man stellt fest, dass loses Pulver viel preiswerter ist. Ich kaufe dieses von einer Ökomarke im Pappkarton und dosiere pro Waschgang einen sparsamen Löffel.
  • Flüssigwaschmittel: Diese halte ich für einen Marketingerfolg der Chemieindustrie. Ich brauche sie nicht. Mir reicht mein stinknormales Ökowaschmittel-Pulver, welches ich im Pappkarton kaufe und sehr sparsam benutze. Ich glaube nicht, dass unsere Kleidung riecht, zumindest hat sich noch nie jemand beschwert.
  • Verpackungen für Essen im Fast Food-Laden: Ich bestelle nie Essen nach Hause, da ich in der Regel selbst koche oder in ein Restaurant oder einen Imbiss gehe und dort vom Teller esse. Bei der Arbeit hole ich mir jedoch ab und an in benachbarten Restaurants etwas zu essen, jedoch nur dort, wo man bereit ist, mir meine mitgebrachte Dose zu befüllen. Ich hoffe sehr, dass die neue Gesetzgebung zur Mehrwegverpflichtung ab 2023 eine vernünftige neue Praxis bewirkt und es einen Kulturwandel in Deutschland gibt. Es gibt jedoch immer wieder mal Situationen, wo ich unterwegs etwas essen muss und es in einem Imbiss schlicht kein Mehrweggeschirr gibt. Ich versuche in diesen Momenten nicht dogmatisch zu sein, denn meist bin ich auch nicht allein und möchte anderen mit einer Verweigerungshaltung nicht die Laune verderben. Ich nutze dann das Einwegzeug und denke an meine geringe Gesamtmüllmenge; diese ist letztlich entscheidender als eine 100-Prozent-Praxis, die oft lebensfern ist.

Reduce

Durch meine minimalistisch-frugale Brille ergibt es sich von allein, dass wir alle unsere Anschaffungen massiv reduziert haben und überhaupt der Konsum eine komplett andere Rolle in unserem Leben spielt. Ich habe auch früher nicht wirklich gern geshoppt, aber in meinem Kopf hatte es sich verfestigt, dass zweimal im Jahr neue Garderobe angeschafft wird, dass viele Alltagsprobleme mit einem Kaufakt zu lösen seien oder dass bei ausreichend Geld auf dem Konto auch mal schöne, schicke Spontankäufe für Kinder, Körper, Haus, Garten oder Gäste getätigt wurden. Kaufen war einfach normal und selbstverständlich. Die Prioritäten haben sich auch hier eher schleichend verändert, aber ganz sicher hat die schwere Erkrankung meines Mannes ab 2010 eine große Rolle gespielt, dass ich mich intensiver mit der Frage befasst habe, was im Leben wirklich wichtig ist. Und die Antwort ist mir leichtgefallen: Familie, Freundschaften, soziale Beziehungen im Allgemeinen, ein schönes Zuhause, gutes Essen und Geselligkeit und ansonsten meine Lieblingsbeschäftigungen Lesen, Kochen, Wandern, Reisen. Kaufen ist dabei allenfalls ein Mittel zum Zweck, aber nie Selbstzweck. Es war mir immer ein Rätsel, wieso Menschen vorfreudig erzählen, dass sie heute zum Shoppen gehen und sich darauf freuen. Heute ist alles anders: Wenn ich etwas Neues anschaffen möchte, dann denke ich sehr lange darüber nach, ob ich diese Sache wirklich brauche; in der Regel mehrere Wochen, manchmal auch Monate.

Aber zu Reduce gehört ja nicht nur weniger anzuschaffen, sondern auch den vorhandenen Überfluss zu reduzieren. Was für ein Aufwand! Seit Jahren miste ich unser Haus aus und bin immer noch nicht fertig. Mein Grundprinzip ist, dass ich nichts wegschmeiße, was noch genutzt werden kann. Ich habe einiges verkauft (mühsam), sehr vieles verschenkt (auch oft mühsam) und bin immer noch dabei. Es gibt Bereiche, die ich nicht ausgemistet habe, weil sie hochemotional sind, insbesondere Fotos. Viele Dinge gehören mir auch nicht allein und mein Mann kann sich meiner Ausmisteleidenschaft nicht ganz anschließen. Kompromisse und Aushalten gehören eben dazu.

Es hat mich schockiert zu sehen, wieviel Krempel wir besitzen und dies, obwohl wir keinen Keller, keine Garage und keinen Dachboden haben. Trotzdem tauchten immer wieder Dinge auf, deren Herkunft vergessen war, die seit Jahren nicht benutzt wurden oder die mehrfach vorhanden sind. Ich habe mich von sehr vielem getrennt: der dysfunktionale Entsafter, das Waffeleisen, die elektrische Brotschneidemaschine meiner Eltern, mindestens 200 Teile Kleidung, Küchenutensilien, überflüssiges Besteck …. Heute bin ich zufrieden mit dem Stand der Dinge und kann akzeptieren, dass mein Mann und die Kinder Dinge anders bewerten als ich. Jedoch ist es ein stetes Ringen, dass nicht ständig neue Dinge in unser Haus kommen.

Da ich eine leidenschaftliche Köchin bin, haben wir eine gute Küchenausstattung mit hochwertigen Töpfen und vielen Pfannen. Hier möchte ich auch keine Minimalausstattung, da ich alle Gegenstände wirklich benutze. Aber meine Art des Lebensmitteleinkaufs hat sich verändert und eine Reduzierung bewirkt. Früher habe ich jede Zutat eingekauft, die in einem Rezept angegeben war und die Folge kennen wohl viele: Am Neujahrstag, wenn ich meine jährliche Inventur mache, war der Korb mit Lebensmitteln, deren MHD bereits abgelaufen war, wirklich sehr voll. Ich habe diese Sachen nie weggeworfen, sondern gezielt Gerichte ausgewählt, worin ich diese Zutaten verarbeiten konnte. Die Folge war, dass wir wochenlang Gerichte gegessen haben, wo wir eine oder mehrere Komponenten nicht sonderlich gemocht haben. Dieses Verhalten habe ich verändert. Wenn in einem Rezept eine Zutat angegeben ist, von der ich weiß, dass wir sie nicht besonders mögen oder nur sehr selten essen würden, dann lasse ich sie weg oder ersetze sie durch etwas anderes. Ich muss auch nicht mehr jede Zutat probieren, die ich nicht kenne. Wenn ich diese in einem attraktiven Rezept finde, dann kaufe ich sie, aber nicht mehr einfach auf Verdacht. Mäßigung ist nicht gerade meine Stärke, aber ich komme voran und finde es schön. Wenn ich nämlich eines wirklich verabscheue, dann ist es das Wegwerfen von Lebensmitteln. Es kam auch früher nur selten vor, aber heute so gut wie gar nicht mehr. Wenn wir etwas wegwerfen, dann ist es in der Regel das vergessene Schulbrot, das unsere Jüngste tagelang als Schimmelzuchtstation im Rucksack deponiert hatte.

Eine kleine Liste mit Empfehlungen [Hier anklicken]

  • Getränke sind ein kleines Streitthema: Ich habe mein ganzes Leben lang nur Leitungswasser getrunken, wo immer dies möglich war. Wenn ich verreise, frage ich immer als erstes nach, ob das Wasser trinkbar ist. Da ich nicht so oft außerhalb Europas unterwegs bin, ist das eigentlich meist der Fall. Also fülle ich meine Edelstahl- oder Glasflasche auf und bin bestens versorgt. Außerdem trinke ich schwarzen Tee, Kräuter- und Ingwertee (natürlich nur lose Ware) und wenig Wein und noch weniger Bier. Tochter Nr. 2 besteht jedoch auf Sprudelwasser und der Mann auf alkoholfreiem Bier, daher gibt es in unserem Haushalt Pfandgetränke aus der Umgebung (Glas-Pfandflaschen mit langen Transportwege sind wirklich nicht nachhaltig). Aber bei uns gibt es keine Softdrinks und auch keinen Saft, das braucht wirklich kein Mensch und der enthaltene Zucker ist ein Zivilisationsdesaster.
  • Eis kaufe ich nur im Hörnchen oder esse es im Eiscafé aus einem echten Geschirrstück; Wegwerfeisbecher sind tabu. So esse ich weniger Eis und freue mich stets auf dieses Luxusgut, wenn die Saison wieder losgeht.
  • Ich bin etwas pingelig und gekaufter Kuchen vom Bäcker (oder Industriekuchen) schmeckt mir meistens nicht; das gilt ebenso für Kekse oder die meisten Süßigkeiten. Daher gibt es ein einfaches Prinzip in unserem Haushalt: Ich esse nur selbstgemachte Süßwaren, natürlich auch von anderen lieben Menschen. Das hat den wunderbaren Nebeneffekt, dass sich der Konsum von Zucker auf ein vertretbares Maß reduziert. Wer seine Süßigkeiten alle selbst aus Grundprodukten herstellen muss, isst einfach weniger davon. Bei uns sieht das so aus, dass ich an manchen Wochenenden einmal backe und das essen wir dann im Laufe der nächsten Tage auf. Genauso halte ich es mit süßen Brotaufstrichen: Marmelade, Nusscremes u.ä. stelle ich selbst her, so reduziert sich der Konsum von allein.
  • In den seltenen Fällen, wo meine Familie Fast Food essen möchte, gilt: Wir essen am Imbisswagen oder im Lokal und fragen nach Geschirr. Bestellungen nach Hause gibt es mit mir nicht.
  • Bücher: Ich kaufe sie kaum noch für mich, wenn auch schweren Herzens, denn ich möchte natürlich die Autor*innen und Verlage unterstützen, die dieses wichtigste Kulturgut der Welt herstellen. Daher verschenke ich Bücher. Ich selbst jedoch lebe vom Bücherschrank in unserer Gemeinde, von geliehenen (Freund*innen, Öffentliche Bibliothek im Dorf und Unibibliothek) und geschenkten Büchern, die ich danach häufig weiterverschenke.
  • Kleidung: Ich habe meinen Schrank drastisch reduziert. Zunächst habe ich überlegt, was ich wirklich brauche. Dabei bin ich davon ausgegangen, dass ich 14 Tage mit der Kleidung auskommen müsste, ohne zu waschen. Dann habe ich aussortiert und habe das meiste verschenkt. Wenn ich ein neues Stück erwerbe, muss ein anderes derselben Kategorie fort. Dabei gibt es auch eine Kategorie Hausklamotten, die ich nur zuhause anziehe und die beim Kochen und bei der Gartenarbeit schmutzig werden dürfen. Wenn diese Sachen dann verschlissen sind, wandern sie zur Lappen- und Lumpenverarbeitung.

Kurz gesagt: Wir kaufen nur unseren täglichen Bedarf und schaffen kaum Neues an. Das ist natürlich leicht gesagt, wenn man mit einigem Wohlstand lebt. Wir haben ja schon alles.

Reuse

Das ist eine simple Aufgabe: Wir haben schon immer sehr wenige Wegwerfprodukte genutzt. Zum Beispiel wäre es mir nie in den Sinn gekommen, Einmalgeschirr für eine Party oder einen Kindergeburtstag zu kaufen. Da wir gerne größere Einladungen machen, habe ich mir einmal vor vielen Jahren Gutscheine eines Haushaltswarengeschäfts gewünscht und habe mir von unserem sowieso schon vorhandenen weißen Geschirr 60 zusätzliche Kuchenteller gekauft. Diese stehen gestapelt oben im Geschirrschrank. Damit sind wir für jede Feier bestens gerüstet. Einige Wegwerfprodukte gab es durchaus, diese haben alle Ersatz gefunden und zwar nicht unbedingt durch Neukäufe, sondern durch bereits Vorhandenes. Eigentlich ist reuse das Leitmotiv für jeden Besitz oder Neukauf: Werde ich diese Sache immer und immer wieder nutzen? Dann ist der Besitz oder auch ein Neukauf für uns legitim. Dinge, die ich nur einmal benutzen werde, würde ich mir nicht mehr kaufen. Allerdings hat sich diese Situation in den letzten Jahren gar nicht mehr gestellt.

Tatsächlich haben wir immer darauf geachtet, dass wir sehr gute Dinge anschaffen, auch schon als junge Erwachsene. Wir haben oft lange auf eine Sache hin gespart und diese dann erst angeschafft, wenn wir sie auch bezahlen konnten. Der Vorteil zeigt sich heute: Diese Produkte halten in der Regel viel länger oder sie lassen sich gut verkaufen. Oder aber unsere Kinder freuen sich über die Weiternutzung, wenn wir diese nicht mehr brauchen. Vieles in unserem Besitz ist Jahrzehnte alt und wird immer noch genutzt.

Eine Liste mit Empfehlungen [Hier anklicken]

  • In meinem Büro habe ich eine recht große Glasdose mit Deckel stehen, die ich nutze, um mir in umliegenden Restaurants oder Imbissen ab und an Essen zu kaufen, welches ich dann im Büro esse, weil ich dort Wert auf die Gesellschaft meines netten Kollegiums lege und nicht auswärts essen möchte. So produziere ich keinen Müll. Der Behälter bleibt einfach immer dort. Seit Anfang 2023 müssen Läden, die to-go-Essen anbieten, entweder ein Pfandbehältnis ausgeben oder aber die Befüllung eigener Dosen ermöglichen; das macht uns zero-waste-Menschen das Leben wirklich leichter.
  • Mein Mann ist häufiger in der Situation, dass er für seine Arbeit gewisse Werkzeuge oder Hilfsmittel braucht, die wir nicht selbst besitzen (möchten). Er versucht stets, diese bei Freund*innen oder Nachbar*innen zu leihen oder bei einem Leihservice zu mieten. Wenn das nicht funktioniert, dann kauft er diese Dinge auch, bevorzugt gebraucht oder als gutes Produkt neu. Nach dem Einsatz wird es dann wiederum verkauft. Das versucht er aber zu vermeiden, denn es ist zeitaufwändig und es gibt schönere Beschäftigungen als Verkaufsaktionen auf Kleinanzeigen-Plattformen zu managen.
  • Edelstahldosen für Brote und Sandwiches, Schraubgläser für Flüssiges und dichte Glasbehälter mit Deckel waren schon vorhanden und werden nun ausschließlich genutzt, wenn wir Essen außer Haus mitnehmen. Weil ich keine Lust habe, mir mehrere teure Edelstahldosen zuzulegen, habe ich mir angewöhnt, mein Sandwich fürs Büro in eine Stoffserviette zu wickeln. Irgendwie isst es sich daraus auch eleganter.
  • Tücher, Lappen und Lumpen spielen in unserem Haushalt eine große Rolle. Tücher nutze ich zum Einwickeln, es gibt Stoffservietten und viele Lebensmittel, die nicht riechen, wickele ich in Küchenhandtücher ein. Tücher bleiben also für viele Jahre in Gebrauch und sind auch von schönerer Qualität (also Servietten, Küchenhandtücher, ehemalige Schaltücher u.ä.). Da wir Kleidung und Wäsche meist so lange nutzen, bis sie sich auflösen, schneide ich aus diesen Lappen und Lumpen. Lappen werden wiederverwendet (zum Beispiel zum Staubwischen); hier hat es sich bewährt, Lappen für unterschiedliche Verwendungen nach Farben bzw. Stoffmustern oder Stoffoberflächen zu differenzieren. Lumpen werden nur noch für eine finale Aufgabe genutzt, in der Regel die Toilettenreinigung. Alte Bettwäsche zerschneide ich ebenfalls zu kleinen Lumpen, die in meiner Küche in einem Korb hängen und darauf warten, gewaschenes Fleisch abzutrocknen.

Recycle

Recycling ist ein heikles Thema. Ich bin ein technischer und naturwissenschaftlicher Laie, wenn es um die material- und werkstofftechnischen Prozesse geht. Aber das Thema interessiert mich und ich lese und verfolge alles, was mir so über den Weg läuft. Über die Jahre habe ich für mich Folgendes festgehalten und lebe danach:

Papier ist ein aufwändig herzustellendes Material, für das Bäume abgeholzt werden und wir verbrauchen weltweit mehr Papier als wir an Holz nachwachsen lassen können. Deshalb ist es zentral, den Gebrauch von Papier massiv zu reduzieren. Vorhandenes Papier sollte jedoch recycelt werden, denn das ist gut möglich, der Aufwand an Wasser und Energie ist noch zu vertreten, wenn dafür neues Papier eingespart wird. Frisches Recycling-Papier kaufen wir in mikroskopischen Mengen für unseren häuslichen Drucker. Ich drucke pro Jahr maximal drei Briefe aus, die ich auf Papier schreiben muss. Für alles übrige (und ich schreibe sehr viel per Hand!) nutze ich einseitig beschriebenes Papier, das in rauen Mengen vorhanden ist aus unserem eigenen Papierzeitalter, über die Schulmaterialien der Kinder und Briefe, die ins Haus kommen. Daraus erstelle ich mir auch Notizzettel usw. Wenn dann das Papier doch mal weggeworfen wird, wird es akribisch für das Recycling gesammelt. Das gleiche gilt für Zeitungen. Zeitschriften werden verschenkt. Bei meiner Arbeit habe ich mich zu 90 Prozent auf digitales Arbeiten umgestellt; alles was ich brauche, ist auf einem Laptop und Speichermedien.

Glas ist ein für den Haushalt unverzichtbarere Wertstoff. Glas ist sauber, hygienisch und praktisch, weil man hindurchsehen kann. Es nimmt (im Gegensatz zu Kunststoff) keinen Geruch an, es verfärbt sich nicht und kann so alt werden wie wir Menschen. Wenn ich es nicht fallen lasse, überlebt es mich noch. Ich liebe Glas und ich verabscheue Plastik, so einfach kann ich es auf eine Formel bringen. Wer häufig kocht, weiß, was Safran, Kurkuma, rohe Zwiebeln und Fermentiertes mit Kunststoffdosen anrichten. Meine Sammlung an Schraubgläsern und Flaschen ist groß und diese sind in meinem Haushalt täglich im Einsatz. Dabei habe ich kaum eines dieser Gläser gekauft, sondern habe einfach solche, in die Lebensmittel verpackt waren, ausgewaschen und die Etiketten entfernt. Einige wenige große Gläser habe ich auf dem Flohmarkt erstanden. Ich benutzte sie für fast alles: Aufbewahrung von Lebensmitteln aller Art, Büropicknick, Knopfsammler, Salatsaucenschüttler und vieles mehr. Wenn ich Gläser nicht mehr brauche, dann gebe ich sie zum Glasrecycling. Auch Glas wird aus endlichen und ökologisch sensiblen Rohstoffen hergestellt (z.B. Sand); wir sollten sorgsam mit diesen Ressourcen umgehen. 

Ich habe es schon geschrieben: Mein Verhältnis zu Plastik ist ein unfreundliches. Dabei möchte ich nicht dogmatisch sein: In der Medizin z.B. und sicher auch in vielen professionellen Tätigkeiten ist Plastik aller Art möglicherweise unverzichtbar und ich möchte mir da kein Urteil erlauben. Für mein häusliches und mein professionelles Umfeld brauche ich es nicht oder vermeide es, wo immer möglich. Natürlich gibt es in unserem Haushalt auch Kunststoffgegenstände; dabei handelt es sich um langlebige Produkte, die ich so lange nutzen werde, wie es geht. Sollte ich sie einmal ersetzen müssen, bemühe ich mich um Alternativen. Wo ich den Einsatz von Plastik wirklich nicht nur ärgerlich, sondern fahrlässig finde, ist bei der Verpackung von Lebensmitteln. Inzwischen müsste auch der letzte Mensch wissen, dass der Kontakt von Lebensmitteln mit Plastik nie gesundheits- oder geschmacksförderlich ist. Seit ich darauf weitgehend verzichte, habe ich jedoch auch festgestellt, dass die Alternativen besser sind. Käse bleibt in Tüchern länger haltbar, Wurst in Pergamentpapier ebenso. Das bereits in Plastikverpackungen verschweißte Essen in Supermärkten sollten wir sowieso links liegen lassen. Es ist mir ein Rätsel, warum nicht mehr Menschen das Mantra der Lebensmittelindustrie in Frage stellen, dass ihr Essen damit länger ‚frisch‘ bleibe. Das bedeutet doch nur, dass wir noch älteren Kram essen sollen, der Wochen oder Monate alt ist. Wozu? Wenn ich mein Gemüse, Obst, Getreide, Fleisch und Milchprodukte regional und saisonal kaufe und bald konsumiere, dann brauche ich das doch gar nicht. Die Unmassen an Verpackungen werden uns dann noch als recyclingfähig verkauft und wir wissen doch alle, dass das nicht stimmt. Ein immens großer Teil wandert direkt in die Verbrennung und das, was doch recycelt werden kann, wird downgecycelt, d.h. zu einem niederwertigen Produkt. Und ich frage mich: Was sollen wir mit all diesen Recycling-Plastikprodukten anfangen? Für Lebensmittelverpackungen eignen sich diese Produkte dann nicht mehr, also wohin damit? So viele hässliche Plastiksitzbänke können in unseren Parks und Landschaften gar nicht aufgestellt werden. Und letztlich ist es ja so: Nichts verschwindet von der Erde. Das Plastik wird irgendwann verbrannt, aber es ist ja nicht weg, sondern wechselt nur seinen Zustand zu Gasen, Feinstaub und giftigen Schlacken. Oder es kommt tonnenweise in unsere Umwelt und wird zu Wasser oder Land zu Mikroplastik. Jeder aufmerksame Mensch weiß inzwischen, dass wir das Mikroplastik nicht mehr loswerden, es ist überall. Warum dann immer mehr produzieren und nichts anderes ist Plastikrecycling? Ich vermeide Plastik, wo immer möglich. Das, was in meinem Haus trotzdem anfällt, kommt in die gelbe Tonne, aber ohne jede Überzeugung und mit Widerwillen.

Andere Stoffe wie Holz, Metall, Stoff, Kork u.a. werden weiterverwendet oder recycelt, wo immer möglich. Ich habe eine Metallabfallkiste, die gebe ich einmal im Jahr dem Altmetallhändler mit. Das Prinzip einer Kreislaufwirtschaft (cradle to cradle) halte ich für vernünftig, aber aus meiner Sicht darf recycle nur dann eine Option sein, wenn refuse, reduce und reuse absolut nicht möglich sind.

Rot

Ich liebe meinen Komposthaufen. Wir haben in unserem ca. 400m²-Garten einen Bereich von ca. 4x5m mit einer Hecke abtrennt, das ist unser Kompostbereich. Dort sammeln wir alle kompostierbaren pflanzlichen Hausabfälle und Grasschnitt. Baumschnitt und Heckenschnitt häckseln wir mit einem guten Häcksler (geschenkt bekommen) und kompostieren diese Materialien ebenfalls. Das machen wir seit 26 Jahren so und es ist noch nie vorgekommen, dass unser Kompostplatz übergelaufen ist. Die Komposterde verteilen wir dünn unter der Buchenhecke und üppig in unserem Gartenbeet. Ein Großteil ist in den letzten Jahren in meine beiden Hochbeete gewandert und auch Kübel werden damit aufgefüllt. Wir haben keine Biotonne, haben noch nie Gartenabfälle verbrannt (was in unserer Gemeinde erlaubt ist) und haben auch noch nie etwas weggefahren. Selbstverständlich wandert auch nichts davon in die Restmülltonne. Ich kann es nicht erklären, aber es macht mich immer zufrieden, wenn ich unseren Kompostplatz betrachte. Einmal im Jahr setzen wir den Kompost um, wenn wir faul sind, auch nur alle zwei Jahre.

Repurpose and Repair

Ich bin gesegnet. In meiner Familie gibt es Menschen (Mann und Sohn), die wahre Genies mit den Händen sind. Beide können fast alles bauen und reparieren und haben meistens auch noch Spaß daran. Das spart viel Geld und vor allem verhindert es Müll. Zu Repurpose gehören aber auch ganz einfache Alltagspraktiken:

Eine kleine Liste mit Empfehlungen [Hier anklicken]

  • Wir kaufen Recycling-Klopapier. Die Plastikverpackung nutze ich als Restmülltüte in der Küche; idealerweise kann ich sie mittig durchschneiden und haben zwei Tüten. Die leeren Papprollen (die nicht mehr recycelt werden können, habe ich gelernt) nutzen wir als Anzünder für unseren Kaminofen.
  • Andere Tüten, die unvermeidlich ins Haus kommen, werden als Restmülltüten genutzt.
  • Aus alten Weinflaschen lässt sich im Handumdrehen ein Bewässerungssystem für Kübel und Gartenbeete einrichten. Flasche füllen und schnell kopfüber schräg neben die Pflanze stecken. Das Wasser sickert nach und nach heraus. Langsamer versickert das Wasser, wenn man einen perforierten Deckel auf der Flasche lässt.
  • Aus Holzpaletten lassen sich mit wenigen Handgriffen Vertikalbeete für Kräuter oder Salate bauen.
  • Alte Gefäße (Holz, Kunststoff, Metall) lassen sich einfach zu Kartoffelpflanzgefäßen umwidmen.

Vom Einkaufen

Ein wesentliches Element des zero waste-Lebens ist das Einkaufen, denn das ist die häufigste Situation, in der wir entscheiden, ob wir Abfall (mit)produzieren oder ob wir ein Mini-Statement abgeben, dass wir ein abfallarmes Leben und Wirtschaften möchten. Was und wo wir einkaufen, ist nicht egal, sondern macht einen Unterschied. Wir unterstützen damit ein Geschäft und das dahinterstehende Geschäftsmodell, die Menschen, die die Waren und Lebensmittel produziert haben, die sie weiterverarbeiten und die im Verkauf tätig sind. Ich habe im meinem gesamten erwachsenen Leben darauf geachtet, dass ich den überwiegenden Anteil meiner Einkäufe in meinem unmittelbaren Nahraum tätige, weil ich erstens die Geschäfte vor Ort unterstützen möchte, zweitens will ich nicht weit gehen oder fahren, drittens habe ich gelernt, dass es viele Vorteile bringt, eine Stammkundin zu sein. Seit ich abfallarm einkaufe, gilt dies erst recht. In den Läden und an den Marktständen, wo ich wöchentlich einkaufe, kennt man mich und auch wenn die Menschen dort mich möglicherweise für schrullig halten, so erlebe ich doch, dass einige mein Bemühen wertschätzen und meine Praktiken unterstützen. Manchmal entstehen Gespräche darüber, warum ich abfallfrei einkaufe und wie das gelingen kann. Ich erlebe eigentlich fast nie Ablehnung von Seiten der Ladeninhaber*innen, was sicher auch damit zu tun hat, dass ich eben Stammkundin bin und die Menschen wissen, dass ihre geschäftliche Existenz auch mit meinem Einkaufsverhalten verbunden ist. Mir ist sehr wichtig, dass ich immer freundlich und nicht fordernd auftrete, wenn ich Extrawünsche äußere. Interessanterweise erlebe ich seit dem Herbst 2022 (Energiekrise), dass einige Ladeninhaber*innen sich freuen, dass ich ihre Verpackungen nicht möchte, da diese im Einkauf so teuer geworden sind.